Wirtschaft und Technologie. Die Oppositionsfraktionen haben am 10. Mai im Wirtschaftsausschuss die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer kritisiert und Impulse der Bundesregierung zur Ankurbelung der Binnennachfrage vermisst. Anlässlich der Beratung eines Berichts des Bundeswirtschaftsministeriums zur Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft in diesem Frühjahr, der auf dem Frühjahrsgutachten der sechs Wirtschaftsforschungsinstitute beruhte, hielten die Liberalen der Koalition entgegen, die Debatte über Mindestlöhne, Reichensteuer und Subventionskürzungen brächten keine Entlastungen für die Bürger. Der Staat hole sich immer mehr Einnahmen und stecke immer mehr "frisches Geld" in marode Sozialsysteme.
Die FDP vermisste Aussagen darüber, wie die Regierung auf der Ausgabenseite kürzen und den Anteil des Staates am Bruttoinlandsprodukt zurückführen will. Steuererhöhungen zur Haushaltskonsolidierung führten dazu, dass der Druck bei den Ausgaben nachlasse. Der Reformwille reiche nicht aus, das Wirtschaftsprogramm der Regierung sei zu wenig ehrgeizig.
Die Linke argumentierte, wenn die Gewinne in Deutschland im gleichen Umfang besteuert würden wie noch im Jahr 1991, hätte der Staat 40 Milliarden Euro mehr an Steuereinnahmen. Die Masseneinkommen würden in diesem Jahr um 0,9 Prozent und im kommenden Jahr um 0,8 Prozent sinken. Wenn Beschwörungsformeln nicht ausreichten, um den Konsum anzuregen, sollte über eine andere Verteilung nachgedacht werden, so die Fraktion. Die Bündnisgrünen stellten fest, dass es keine Anzeichen für binnenwirtschaftliche Impulse gebe. Sie verwiesen darauf, dass die Forschungsinstitute empfehlen würden, die dreiprozentige Mehrwertsteuererhöhung ausschließlich dazu zu verwenden, die Lohnnebenkosten zu senken. Auch gingen die Wachstumsraten nicht mit einem Anstieg der Beschäftigung einher, sodass die Arbeitslosigkeit das Kernproblem bleibe.
Nach Auffassung der CDU/CSU wird sich die Inlandsnachfrage erst dann erhöhen, wenn sich die Erwartungshaltung bei den Arbeitnehmern ändert. Die hohe aktuelle Sparquote sei wesentlich durch die Sorge um den Arbeitplatz begründet. Die SPD plädierte dafür, die Sozialversicherungsbeiträge zu senken und stattdessen zu einer Finanzierung über das Steuersys-tem zu kommen. Sie sprach sich gegen eine höhere Besteuerung von Gewinnen aus und riet stattdessen dazu, über die Bemessungsgrundlage der Besteuerung nachzudenken.
Die Bundesregierung hatte eingangs berichtet, der kräftige Aufschwung in diesem Frühjahr werde sich im Laufe des Jahres fortsetzen und sich im kommenden Jahr etwas abschwächen. Die Regierung habe ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr von 1,4 Prozent auf 1,6 Prozent angehoben und erwarte 2007 ein Wirtschaftswachstum von einem Prozent. Die Institute hätten dagegen für dieses Jahr 1,8 Prozent und für 2007 1,2 Prozent prognostiziert. Vorrang habe die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, wobei die Institute die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer kritisierten und vorschlügen, Teile der Erhöhung über 2008 hinaus zu verschieben.
Diese Möglichkeit sieht die Regierung dagegen derzeit nicht. Sie begrüßte den den moderaten, beschäftigungsfreundlichen Kurs in der Tarifpolitik, der auch in Zukunft beibehalten werden sollte. Die Mehrwertsteuererhöhung dürfe nicht als Grundlage für Tarifforderungen dienen, so die Regierung.