Herta däubler-gmelin
Die Ausschussvorsitzende will die europäische Menschenrechtspolitik besser verzahnen
Frau Däubler-Gmelin, Sie haben die Vorsitzenden der Menschenrechtsausschüsse europäischer Nationalparlamente zur ersten gemeinsamen Sitzung nach Berlin geladen. Sind Sie mit der Resonanz zufrieden?
Es ist ein Anfang, ein guter Anfang. Ich freue mich auch, dass Portugals nächste EU-Präsidentschaft die Inititative weiterführt. Wir haben ein europäisches parlamentarisches Netzwerk gegründet, um die Bedeutung der Menschenrechte in der EU-Politik deutlicher sichtbar zu machen. Das betrifft insbesondere die Regelung des Umgangs mit Flüchtlingen, Fragen der Handelspolitik mit afrikanischen Ländern oder Initiativen im Israel-Palästina-Konflikt, aber auch das Auftreten der Länder der EU als Mitglieder des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen.
Was können gemeinsame Konferenzen der Menschenrechtspolitiker praktisch bewirken?
Politik wird bekanntlich durch Menschen gemacht und die müssen sich verständigen und absprechen. Parlamente sind freier und flexibler als Regierungen. Auch das weiß jeder. Diese Freiheit wollen wir zur Stärkung der Bedeutung der Menschenrechte in Europa nutzen. Deshalb haben wir am Freitag mit dem Austausch von Informationen angefangen. Auf der Konferenz konnten wir viel Übereinstimmung in Menschenrechtsfragen feststellen, aber auch, dass wir in manchen Bereichen noch weiter miteinander reden müssen.
Gibt es innerhalb dieses relativ kleinen Forums auch Probleme oder Unterschiede beim Verständnis von Menschenrechten?
Wenn es um das Bekenntnis zu der grundsätzlichen Bedeutung der Menschenrechte geht, kaum. In der Praxis schon. So liegen zum Beispiel in der Frage der Reichweite und der Bedeutung des Menschenrechts auf Religionsfreiheit oder auch bei der Notwendigkeit des Schutzes von Minderheiten, auch von sexuellen Minderheiten, die Schwerpunktenunterschiedlich; gelegentlich wird auch die unserer Meinung nach sehr wichtige Effizienz eines funktionierenden nationalen Menschenrechts-Schutzsystems noch unterschiedlich bewertet. Aber das sind Punkte, in denen wir weiter kommen können und werden.
Innerhalb der Europäischen Union gibt es inzwischen etablierte Diskussionsforen der Ausschüsse wie die COSAC, eine Konferenz der Europapolitiker. Wird dies auch für die Menschenrechtsausschüsse angestrebt?
Das ist natürlich ein sehr interessantes Vorbild. Im Augenblick allerdings konzentrieren wir uns auf gemeinsame Grundlagen und vor allem auch darauf, Menschenrechtsfragen aus ihrer Existenz als Randfragen in den Mainstream der so genannten harten Politikbereiche zu transportieren.
Welche kurz- und langfristigen Ziele verfolgen Sie im Hinblick auf die europäische Menschenrechtspolitik und welche Rolle könnte dabei die Zusammenarbeit der Menschenrechtsausschüsse spielen?
Ich sehe, dass derzeit Fragen des Umgangs mit Flüchtlingen besonders viel in Europa diskutiert werden. Und dann natürlich die Stärkung der Menschenrechte insbesondere im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen. Hier müssen menschenrechtsfreundliche gemeinsame Linien schnell gefunden werden. Hier können die Parlamente auch helfen.
Wann und wo wird das nächste Treffen stattfinden?
Die nächsten EU-Präsidentschaften haben sich schon bereit erklärt, unsere Netzwerk- Überlegung aufzugreifen. Deshalb suchen wir nach einem nächsten Termin - entweder Ende des Jahres oder zu Beginn des kommenden Jahres.
Das Interview führte Bernadette Schweda