ZUwanderung
Die Opposition ist mit dem neuen Asyl- und Bleiberecht nicht zufrieden - auch mancher Sozialdemokrat nicht.
Mehr als ein Jahr lang hat die Große Koalition über den Gesetzentwurf ( 16/5065 ) gestritten. Nun ist er da - doch glücklich damit sind nicht alle. Allein die Union lobte den Gesetzentwurf "zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union".
Was so sperrig klingt, ist eine umfassende Neuregelung des Asyl-, Aufenthalts- und Bleiberechts - von der SPD noch einen Tag vor der Abstimmung im Innenausschuss als "schmerzhafter Kompromiss" bezeichnet und von den Bündnisgrünen als das "umfangreichste Paket an Einschränkungen von Bürgerrechten für Ausländer und Asylbewerber seit Jahrzehnten" kritisiert. Bei der namentlichen Abstimmung votierten 398 Abgeordnete für den Entwurf, 170 stimmten dagegen, unter ihnen auch 21 SPD-Abgeordnete.
Auf etwa 500 Seiten wird das Zuwanderungsrecht neu geregelt und erstmals von den Migranten eine aktive Integration gefordert. Sie müssen künftig mit Sanktionen rechnen, wenn sie sich etwa den verpflichtenden Integrationskursen verweigern. Neu geregelt wird auch, wann Ehegatten nach Deutschland nachziehen dürfen: Ehepartner aus Nicht-EU-Ländern müssen jetzt mindestens 18 Jahre als sein, außerdem müssen bereits vor der Einreise einfache Deutschkenntnisse nachgewiesen werden. Damit will die Bundesregierung Zwangsverheiratungen verhindern. Für Innenminister Wolfang Schäuble (CDU) ist das Gesetz eine Regelung, "die die Chancen für Integration und damit für Offenheit und Toleranz in diesem Lande sowie die Sicherheit der Menschen deutscher Abstammung und der Menschen mit Migrationshintergrund verbessert".
Zentraler Punkt des Gesetzeswerks ist für die Sozialdemokraten allerdings nicht die Sicherheit, sondern die Bleiberechtsregelung. Danach bekommen Ausländer, die zum Stichtag 1. Juli 2007 bereits acht Jahre in Deutschland leben (sechs Jahre, wenn sie Kinder haben), nicht straffällig geworden sind und selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können, einen "uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt". Finden sie bis 2009 einen Job, können sie bleiben - anderenfalls droht die Abschiebung.
Damit, so SPD-Innenexperte Fritz Rudolf Körper, könne man "zumindest 60.000 Menschen hier in Deutschland helfen". Die Linke warf der SPD vor, "als Preis für eine so genannte Altfallregelung, die überhaupt gar keine ist", würde sie "inakzeptablen, grundrechtswidrigen und unbegründeten Veschärfungen" zustimmen, so Sevim Dagdelen.
Auch die Liberalen übten Kritik: Der Entwurf sei "Stückwerk". FDP-Sprecher Hartfrid Wolff warf der Koalition vor, damit die "Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen" überschritten zu haben. Alle drei Oppositionsfraktionen hatten bereits in der Sitzung des federführenden Innenausschusses beklagt, die Koalition habe die Kritik aus der dreitägigen Expertenanhörung weitgehend ignoriert und lediglich redaktionelle Änderungen vorgelegt.
In insgesamt 28 Änderungsanträgen plädierten Bündnis 90/Die Grünen und FDP unter anderem dafür, das Spracherfordernis für nachziehende Ehegatten zu streichen. Außerdem warben sie für eine Härtefallregelung für Ausländer, die - etwa wie das prominente Beispiel Murat Kurnaz - aus Deutschland ausreisen und nicht innerhalb der vorgesehenen Sechs-Monats-Frist zurückkommen, weil sie Opfer von Umständen wurden, die es ihnen unmöglich machen, rechtszeitig wieder einzureisen oder einen Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis zu stellen. Mit diesen Änderungsanträgen blieb die Opposition ebenso erfolglos wie mit neun weiteren Anträgen zum Zuwanderunsgesetz.