BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT
Bundestag begünstigt das Ehrenamt und gemeinnützige Spenden
Für die ehrenamtlich Engagierten im Lande wird sich zumindest in finanzieller Hinsicht einiges verbessern, und zwar schon rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres. Der Bundestag hat am 6. Juli ein Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements ( 16/5200 ) in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung ( 16/5926 , 16/5985 ) verabschiedet. Die Oppositionsfraktionen enthielten sich der Stimme.
Eingeführt wird ein neuer allgemeiner Freibetrag für Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Bereich von 500 Euro im Jahr. Mit dieser Aufwandspauschale sollen den engagierten Bürgern jene Kosten abgegolten werden, die ihnen durch ihr Engagement entstehen. Der Vorsitzende des Finanzausschusses, Eduard Oswald (CDU/CSU), bezifferte die Zahl derjenigen, die von der Aufwandspauschale profitieren werden, auf fast zwei Millionen Menschen. Dazu zählen etwa alle, die Jugendfußballer zu den Auswärtsspielen fahren, der Zeugwart, der die Trikots wäscht, der Gerätewart bei der Feuerwehr und die anderen Helfer in Vereinen und im kirchlichen Leben. Sie tragen durch ihre Mitarbeit zum "Zusammenhalt in der Gesellschaft" bei, wie es Oswald formulierte. Die Aufwandspauschale sei daher auch keine Subvention, sondern eine Investition.
Gestrichen hat der Bundestag dafür allerdings den im Regierungsentwurf ursprünglich vorgesehenen Abzug von der Steuerschuld in Höhe von 300 Euro. Er war gedacht für jene, die monatlich im Schnitt mindestens 20 Stunden lang alte, kranke oder behinderte Menschen kostenlos betreuen. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) rechtfertigte die Änderung damit, dass die bloße Bevorzugung mildtätigen Engagements zu einer "Unwucht" im Vergleich zu sportlichen oder kulturellen Engagements führen könnte, die dann leer ausgingen. Sie auf alle ehrenamtlichen Tätigkeiten auszuweiten, hätte 1,1 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen verursacht und damit den finanziellen Rahmen bei weitem gesprengt.
Hier hakte allerdings der FDP-Abgeordnete Volker Wissing nach. Voraussetzung für die Aufwandspauschale ist nämlich, dass der Betreffende tatsächlich auch Einnahmen aus seiner nebenberuflichen Tätigkeit hat. "Wer unentgeltlich arbeitet, erhält nichts", legte Wissing den Finger in die Wunde. Unterstützt wurde er dabei von Britta Haßelmann von den Bündnisgrünen, die wie Wissing die Pauschale als Privilegierung größerer Organisationen wertet. Der FDP-Politiker sieht dadurch gar eine Zwei-Klassen-Gesellschaft der ehrenamtlich Tätigen heraufziehen, die die FDP nicht wolle. Grundsätzlich befürworteten Wissing und Haßelmann die steuerlichen Verbesserungen, wenn sie sich auch noch die eine oder andere Änderung gewünscht hätten. Für Wissing wird das Gesetz dem Anspruch an ein umfassendes, modernes Regelwerk nicht gerecht.
Eine große Reform sollte es gar nicht werden, hielt Petra Hinz (SPD) Wissing entgegen. Vielmehr gehe es lediglich darum, das Ehrenamt zu stärken, indem der Staat den Engagierten einen Bruchteil des Aufwandes zurückgibt, den diese aufgrund ihrer Tätigkeit haben. Wissing hatte überdies beklagt, dass die "dringend nötigen" Haftungsregelungen für ehrenamtlich Tätige nicht in diesem Gesetz enthalten sind. Dieses Problem will die Koalition im Herbst in einem weiteren Gesetzgebungsvorhaben in Angriff nehmen.
Unangetastet ließ der Bundestag die Vorgabe von Finanzminister Steinbrück, die Übungsleiterpauschale, die derzeit bei 1.848 Euro im Jahr liegt, auf 2.100 Euro anzuheben. Allerdings gab es auch in der Union Überlegungen, diese Pauschale nicht ganz so stark anzuheben, wie Steinbrück dies vorgeschlagen hatte. Britta Haßelmann meinte denn auch, der Minister sei damit vorgeprescht und habe vollendete Tatsachen geschaffen, weil die Vereine bereits mit der angekündigten Anhebung kalkulierten. Die Spielräume der Abgeordneten, daran noch etwas zu verändern, seien dadurch geschrumpft.
Barbara Höll von der Linksfraktion hieß die steuerlichen Verbesserungen zwar ebenfalls gut, meinte jedoch, an der prekären Finanzsituation gerade kleiner gemeinnütziger Vereine ändere sich dadurch nichts. Die Hürden dieser Vereine lägen nicht im "monetären Bereich". Problematisch fand sie die Anhebung des steuerfreien Höchstbetrags für die Ausstattung von Stiftungen mit Kapital von derzeit 307.000 Euro auf eine Million Euro, nachdem Steinbrück zunächst lediglich 750.000 Euro vorgesehen hatte. Allerdings hatte auch der Bundesrat eine Million Euro vorgeschlagen. Nach Meinung Hölls führt diese deutliche Erhöhung dazu, dass den öffentlichen Kassen immense Mittel entzogen werden. Gestrichen wird der pauschalierte Sonderausgabenabzug für Spenden an Stiftungen in Höhe von 20.450 Euro. FDP und Grüne kritisierten dies, weil kleinere Stiftungen dadurch benachteiligt würden.
Künftig gilt für gemeinnützige Spenden eine einheitliche Höchstgrenze von 20 Prozent. Bisher waren es fünf Prozent für kirchliche, religiöse und gemeinnützige und zehn Prozent für mildtätige, wissenschaftliche und besonders förderungswürdige kulturelle Zwecke. Die Umsatzgrenze für den Spendenabzug von Unternehmen verdoppelt sich von zwei auf vier Promille. Eingeführt wird ein zeitlich unbegrenzter steuerlicher Spendenvortrag auf künftige Veranlagungsjahre. Spenden bis 200 Euro können dem Finanzamt gegenüber mit dem Kontoauszug nachgewiesen werden. Die Haftung für falsche Spendenquittungen wird von 40 auf 30 Prozent der Spenden herabgesetzt.
Für gemeinnützige Vereine, die sich wirtschaftlich betätigen, etwa in der Vereinsgaststätte, steigt die Besteuerungsgrenze von 30.678 auf 35.000 Euro. Gleiches gilt für die Zweckbetriebsgrenze bei Sportveranstaltungen. Schließlich sollen die Länder eine Finanzbehörde festlegen, die entscheidet, ob ein Vereinszweck als gemeinnützig anerkannt wird oder nicht. Damit soll flexibel auf gesellschaftliche Entwicklungen reagiert werden können.
Keine Mehrheit fanden Anträge der Liberalen ( 16/5410 ) und der Linken ( 16/5245 ). Die FDP hatte für ein transparenteres Gemeinnützigkeitsrecht plädiert, die Linke vor allem auf die Förderung einer "Anerkennungskultur" abgehoben. Der Bundestag lehnte ebenso einen Entschließungsantrag der Bündnisgrünen ( 16/5981 ) ab. Sie hatten darin unter anderem eine zunehmende "Bürgerorientierung" der staatlichen Institutionen angemahnt.