Die Zentrale der Glücklichmacher im Deutschen Bundestag hat einen schweren Stand - zumindest was die öffentliche Aufmerksamkeit angeht. Wer vom S-Bahnhof Friedrichstraße an der Spree entlang Richtung Reichstag geht, hat meist nur Augen für die über allem residierende Kuppel und die riesigen Fahnen auf den vier Türmen des Reichstags. An dem eher unscheinbaren älteren Gebäude mit der Waschbetonfassade eilt die Masse vorbei. Was auch nicht verwunderlich ist, handelt es sich doch bloß um eine der vielen über das gesamte Regierungsviertel verteilten "Liegenschaften des Deutschen Bundestages".
Wüssten Politiker und Passanten, dass hier, sechs Etagen über dem Bürgersteig, täglich mehr Menschen als irgendwo anders im Bundestag glücklich gemacht werden, würden sie wohl zumindest einmal hinaufschauen zu den "Rettern der Rechner".
Ganz am Ende eines langen Flures mit grünem kunstrasenähnlichem Teppich sitzen in einem nicht allzu großen Großraumbüro die Männer und Frauen, die einspringen, wenn man kurz davor ist, verrückt zu werden, den Computer verflucht, ihm üble Verwünschungen entgegenschleudert oder das Gerät nur noch aus dem Fenster schmeißen möchte.
Denn: So hilfreich die digitalen Kollegen sind, so sehr kann das Nicht-Funktionieren den User an der Rand oder tief hinein in die Verzweiflung treiben. Weit bevor es allerdings zu solch drastischen Szenen zwischen Mensch und Maschine kommt, wie sie sich im Privatleben häufig abspielen, tippen Abgeordnete, deren Mitarbeiter und die Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung einfach die 117 in ihr Telefon und das Problem ist so gut wie gelöst. Hinter der Wunder-Nummer verbirgt sich die informationstechnische Hotline des Bundestages, ein Bereich des Referates IT 2 - Neue Informationssysteme.
Was auch immer am Computer nicht so funktioniert, wie sich das der Nutzer vorstellt, ob die Software spinnt, ein Treiber zerschossen wurde, die gesuchte Funktion mal wieder "unglaublich" versteckt ist, ob die Festplatte fiept, der Monitor flackert oder der User sich einfach mal wieder etwas ungeschickt anstellt: Die Stimme am anderen Ende der Leitung weiß fast immer eine Lösung. "Pro Tag gehen bei uns etwa 350 Anrufe ein", berichtet Norbert Linn, Referatsleiter IT 2 und damit neben vielem anderen auch Chef der Hotline, der Wunder-Nummer.
Auf einer großen Anzeige an der Stirnseite des Raumes leuchten die eingehenden Anfragen auf und werden - nach im Schnitt nicht mehr als sechs Sekunden in der Warteschleife - einem der 15 Computerexpertern automatisch zugeteilt. 70 Prozent der Probleme, meist mit der Software, würden sofort am Telefon gelöst, erzählt Linn. Die Mitarbeiter können sich dazu mit Genehmigung des anrufenden Computernutzers - im Bundestag gibt es rund 6.000 Rechner und 5.000 Nutzer - auf den Computer des Anrufers "aufschalten" und so das bestehende Problem lösen. "30 Prozent der Probleme können nicht direkt gelöst werden und müssen weiter bearbeitet werden", schildert Leiter Linn. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn etwas an der Hardware - Rechner, Monitor, Tastatur, Drucker - kaputt ist. Die 117 schickt dann die Supporter oder Techniker los, die sich des Problems an Ort und Stelle annehmen.
Norbert Linn, examinierter Jurist, der seit 1986 im Bundestag arbeitet, versteht sich und seine 47 Mitarbeiter als "Dienstleister für den Parlamentsbetrieb".
Das betreibt Linn mit einer verwaltungsuntypischen Mentalität: "Zufriedene Kunden sind das Wichtigste." Dass Mitarbeiter und Abgeordnete mit dem Service der IT-Experten äußerst zufrieden sind, zeigen Briefe, die immer wieder bei Linn auf dem Schreibtisch landen.
Neulich zum Beispiel sei einem Abgeordneten auf einer dienstlichen Reise an der niederländischen Grenze der Laptop "abgeschmiert". Linn hat schnell und so unbürokratisch wie möglich eine Rettungsaktion organisiert, am nächsten Tag war der Abgeordnete wieder digital erreichbar. Das, so Linn, wissen die Leute zu schätzen.