THOMAS MIROW
Der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium zum Schutz bestimmter Branchen
Herr Mirow, warum wollen Sie deutsche Unternehmen schützen?
Es geht nicht um einen generellen "Schutz". Aber die Welt um uns herum ändert sich rasant. Es entstehen Fonds, private und staatliche, die über gewaltige Summen verfügen. Allein die so genannten "Staatsfonds" gebieten heute über zu investierende Kapitalmittel von 2,5 Billionen Euro, und eine große Investmentbank hat geschätzt, dass dieses Kapital bis zum Jahr 2015 bei 12 Billionen Euro liegen dürfte. Nicht alle dieser Fonds sind transparent, und es ist denkbar, dass einige nicht nach rein renditeorientierten Gesichtspunkten agieren.
Bisher schützt das Außenwirtschaftsgesetz nur die Rüstungsindustrie vor Zugriffen. Ihr Ministerium hat jedoch auch andere Branchen ins Spiel gebracht ...
Deutschland ist offen für Investitionen aus aller Welt. Das ist gut für uns und soll so bleiben. Wir wollen keinen Wechsel unserer Außenwirtschaftspolitik, und wir wollen auch keinen bürokratischen Apparat aufbauen. Worum es uns geht, ist, in voraussichtlich ganz wenigen Einzelfällen so entscheiden zu können, wie das in vergleichbaren Staaten auch geschieht.
Gibt es trotzdem Kernbereiche, die Sie besonders aufmerksam beobachten?
Bestimmte Infrastrukturen bringen es mit sich, dass man sie nicht in kurzer Zeit ersetzen kann. Zum Beispiel Schienen- oder Telekommunikationsnetze: Da muss man es sich genau ansehen, was es für die Sicherheit der Menschen bedeuten würde, wenn in ein solches Netz nicht mehr genug investiert würde, oder es nicht mehr in dem Maße verfügbar gemacht würde, wie wir das bisher gewohnt sind.
Soll nach US-Vorbild eine Kommission darüber entscheiden, ob ein ausländischer Staatsfonds hier investieren darf?
Nein. Das bewährte Verfahren aus dem Außenwirtschaftsgesetz sieht eine besondere Verantwortlichkeit des Bundeswirtschaftsministeriums vor, und andere Schlüsselressorts werden auf angemessene Weise eingebunden werden.
Einzelfall-Entscheidungen klingen nach Gummiparagraf. Kann man es für die Investoren nicht verlässlicher machen?
Oberstes Ziel bei der Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes ist es, die öffentliche Sicherheit und Ordnung unter den Bedingungen einer reifen Volkswirtschaft effektiv schützen zu können, ohne die Investitionstätigkeit ausländischer Investoren in unserem Land zu beeinträchtigen. Ich halte den Entwurf zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes für ausgewogen. Prüfungen werden auf eine mögliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung beschränkt, das sind europarechtliche Begriffe, die dementsprechend EU-konform auszulegen sind. Auch aufgrund der kurzen Fristen ist zu erwarten, dass Prüfungen schnell und mit einem für alle Beteiligten vertretbaren Aufwand erfolgen werden.
Könnte der deutsche Bankensektor auch bald als schützenswert gelten?
Der deutsche Bankensektor ist robust und befindet sich in insgesamt guter Verfassung. Auch hier ist ausländisches Kapital grundsätzlich willkommen.
Laut Presseberichten wird Ihr Ministerium einen Gesetzentwurf zu den Staatsfonds vorlegen. Darin wollen Sie angeblich unliebsame Übernahmen mit Hilfe von Kapitalsammelstellen abwehren.
Ein staatlicher Schutzfonds zur Abwehr von unerwünschten Übernahmen ist nicht geplant, und es gibt auch keine entsprechende Gesetzesinitiative. Vielmehr geht es uns um die strukturelle Frage, inwieweit es sinnvoll und möglich ist, die Entwicklung von Kapitalsammelstellen auch in Deutschland zu stärken, nicht zuletzt mit Blick auf unsere Rolle als ein international wettbewerbsfähiger Finanzstandort.