KREDITINSTITUTE
Übernahmen und Fusionen sind schwierig
Der deutsche Bankenmarkt weist eine für europäische Verhältnisse und auch im weltweiten Vergleich einmalige Struktur auf. Nirgends sonst hat der Staat über Sparkassen, Landesbanken und Förderinstitute einen so großen Einfluss auf die Kreditwirtschaft. Nirgends sonst gibt es einen derart auf Eigenständigkeit bedachten Genossenschaftssektor, nirgendwo anders sind die Wachstumschancen privater Geschäftsbanken so eingeschränkt wie hierzulande.
In Deutschland gibt es nach Angaben des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) derzeit 457 Sparkassen, die mit über 16.000 Filialen rund 50 Prozent aller Bankkunden erreichen. Flankiert werden sie von derzeit noch elf Landesbanken, die zusammen mit den Sparkassen mit einer Bilanzsumme von mehr als 2.000 Milliarden Euro die mit Abstand größte Bankengruppe stellen. Es folgt der im Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken organisierte genossenschaftliche Finanzverbund mit rund 1.250 autonomen Ortsbanken, die etwa 13.000 Geschäftsstellen vor Ort unterhalten. Zusammen mit zwei Zentralbanken in Frankfurt und Düsseldorf kontrollieren sie etwa 30 Prozent des Marktes und bewegen ein Bilanzvolumen von knapp 1.000 Milliarden Euro.
Dritte große Gruppe sind die im Bundesverband deutscher Banken (BdB) organisierten privaten Geschäftsbanken, die sich untereinander Konkurrenz machen und zugleich gegen Volksbanken und Sparkassen antreten müssen. Entsprechend klein sind ihre Marktanteile, vor allem im Privatkundengeschäft. Die Deutsche Bank etwa kommt hier auf einen Anteil von weniger als acht Prozent, die an zweiter Stelle rangierende Commerzbank auf knapp vier Prozent. Eine Sonderstellung nimmt im privaten Sektor die Postbank ein, die mit rund 15 Millionen Kunden die größte deutsche Privatkundenbank ist.
Neben den großen Verbünden drängen Direkt- und Onlinebanken in den Markt. Sie haben den großen Vorteil, dass sie keine teuren Filialen unterhalten müssen und daher vor allem im Einlagengeschäft Konditionen bieten können, die Filialbanken an den Rand des Ruins bringen würden. Unter dieser Konkurrenz leiden vor allem die Sparkassen und Volksbanken. Die größte Direktbank ING Diba hat in Deutschland mittlerweile rund fünf Millionen Kunden.
"In Deutschland gibt es mehr Bankstellen als Metzgereien", lautet ein geflügeltes Wort in der Branche. An Versuchen, durch Übernahmen und Fusionen den Bankensektor zu konsolidieren, mangelt es nicht. Regelmäßig scheitern diese Versuche an den starren Strukturen, die es namentlich Sparkassen und Volksbanken verbieten, sich für organisationsfremde Wettbewerber zu öffnen. Die öffentlich-rechtlichen Eigentümer der Sparkassen und Landesbanken wollen nicht von ihnen lassen, auch wenn sie kaum Rendite abwerfen. "Das gibt es sonst nirgends, dass 50 Prozent des Finanzsektors nicht für eine Konsolidierung zur Verfügung stehen", sagt Klaus-Peter Müller, Vorstandschef der Commerzbank und Präsident des BdB.
Auf absehbare Zeit, so Experten, wird sich daran nichts ändern. Eine Konsolidierung über Verbandsgrenzen hinweg wird es zumindest vorerst nicht geben. Allerdings sind innerhalb der Verbünde größere Verschiebungen möglich. Am stärksten betroffen ist das Lager der Öffentlich-Rechtlichen. Elf Landesbanken, so auch die Meinung des DSGV, sind zu viel. Hier konzentriert sich derzeit alles auf die Zukunft der WestLB. Was daraus wird, entscheiden letztlich die Landesregierungen, die nach EU-Dekret nicht mehr für die Landesbanken haften dürfen, als gewichtige Eigentümer aber immer noch das Sagen haben.
Der Autor ist Finanzjournalist der "Financial Times Deutschland" in Frankfurt.