WIEDERVERWERTUNG
Entwicklungsländer können sich Kanalisation oft nicht leisten. Die GTZ hat einen Ersatz entwickelt
Einmal die Taste drücken und das Geschäft ist erledigt: Das Wasser rauscht und die Notdurft verschwindet in der Kanalisation. Was hierzulande eine Selbstverständlichkeit ist, gibt es in Entwicklungsländern oft nicht. Wasserklosetts, Abflusssysteme und aufwendige Kläranlagen sind vielfach zu teuer und zu kompliziert. Eine Alternative musste her, sagten sich Entwicklungshelfer und andere Experten. 2001 brachte die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) "ecosan" auf den Markt - ein Sanitärkonzept, mit dem Abwasser und Exkremente so aufbereitet werden, dass sie nicht gesundheitsschädlich sind - und hinterher beispielsweise als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt werden können.
Etwa 2,6 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu akzeptablen Toiletten und Kanalisationssystemen. Vor allem in Afrika, aber auch in den so genannten Schwellenländern ist die Versorgung schlecht. Mit "ecosan" will die GTZ preisgünstig und der jeweiligen Situation angepasst Abhilfe schaffen - und ist inzwischen sehr erfolgreich. "Grob geschätzt wird der ecosan-Ansatz unter diesem Namen in über 100 Ländern angewendet", sagt Elisabeth von Münch, Leiterin des Programms bei der GTZ. Genaue Zahlen ließen sich nur schwer nennen, weil es sich bei ecosan nicht um eine bestimmte Anlage handele, sondern um ein System, das in vielen verschiedenen kleinen und großen Projekten unterschiedlich zum Einsatz komme. Das fängt bei einzelnen Toiletten an, die zwar einerseits nur aus Erdlöchern bestehen, andereseits durch eine simple Technik Urin und Fäkalien voneinander getrennt sammeln und mit einigen wenigen Zugaben in wiederverwertbaren Kompost verwandeln. Bei Großprojekten werden Lösungen gesucht, wie ganze Dörfer oder Städte ohne Kanalisation ihre Exkremente aufbereiten können. Der Start vor sieben Jahren sei nicht immer einfach gewesen, doch inzwischen sei die Akzeptanz des Konzepts gestiegen, sagt von Münch. Vor einigen Jahrhunderten sei es auch in Europa selbstverständlich gewesen, diese Kreislaufwirtschaft zu nutzen.
"Wiederverwertung von Abwasser und Exkreta findet - in irgendeiner Form - praktisch in allen Ländern dieser Welt statt", sagt von Münch. "Mit dem ecosan-Ansatz wird diese Wiederverwendungsidee auf eine wissenschaftlich begründete Basis gestellt und so realisiert, dass Risiken zur Krankheitsübertragung ausgeschaltet werden." Dabei orientiere sich die GTZ an den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation "Safe reuse of urine, excreta and greywater in agriculture" von 2006.
Der Ansatz für das Programm kommt aus Schweden. Die Schweden haben in ihren Sommerhäusern Sanitäranlagen eingebaut, mit denen sie die Überreste wiederverwerten können. Die GTZ hat daraus ein Konzept entwickelt, das vielseitig einsetzbar ist. Zum Beispiel die GTZ-Partnerländer China, Indien, Nepal und Mexiko, aber auch Südafrika, Uganda, Ruanda und andere nutzten die Vorgaben der Gesellschaft, erläutert Münch. Die Philippinen etwa hätten ecosan sogar in ihre "National Policy" aufgenommen, in denen sie die Richtlinien für eine gute Sanitärversorgung festgelegt hätten.
Insbesondere in ländlichen Gebieten, wo reichlich Platz ist, funktioniert das ecosan-Prinzip. Dort können zum Beispiel viele flache Latrinengruben nach der Füllung mit Baumsetzlingen bepflanzt werden. In Simbabwe wachsen so bereits gut gedüngte Bananen und Papayas. In anderen afrikanischen Projekten wird durch spezielle ecosan-Toiletten der Urin separat gesammelt. Später wird er auf zu trockene Felder geleitet, und wertvolles Trinkwasser ist gespart. Aber auch in Japan gebe es zum Beispiel in Großstädten Hochhäuser mit einer Mini-Kläranlage für die Spültoiletten, berichtet Münch. Die Kosten seien je nach Umsetzung des Konzeptes unterschiedlich, "aber billiger als Spültoiletten und Kanalisationssysteme ist es auf jeden Fall". Wichtig ist Münch die Installation des Systems: "Die Menschen bauen das selber, dadurch hält es auch länger, als wenn wir ihnen etwas vorschreiben würden."
Die Autorin ist Volontärin bei "Das Parlament".