VON CLAUDIA HEINE
Einfach den Hahn aufdrehen und das Wasser fließt? In einem extrem kalten Winter vor zehn Jahren und einer damals noch unsanierten Berliner Altbauwohnung musste ich feststellen, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Alles drehen nützte nichts, das Wasser in der Leitung hatte seine Konsistenz verändert und war damit für mich unerreichbar. Ich musste zum Duschen zu Freunden fahren und mir ansonsten das Wasser von Nachbarn borgen. Zweifel über die Abhängigkeit vom "blauen Gold" hegte ich fortan nicht mehr.
Im Vergleich zu anderen Regionen der Welt ist das natürlich die Beschreibung eines Luxusproblems. Denn ein paar Grad mehr auf der Temperaturskala und schon war nach einigen Tagen alles wie immer: Das Wasser floss wieder, solange ich wollte.
In weiten Teilen Asiens oder Afrikas ist die Lösung leider so einfach nicht. Wassermangel ist dabei nicht immer eine Frage des reinen Vorhandenseins dieser Ressource, sondern oft eine Frage des Zugangs. Den meisten Entwicklungsländern fehlt das Potenzial, eine Infrastruktur aufzubauen, die es den Menschen ermöglicht, jederzeit Wasser zum Kochen und Waschen zur Verfügung zu haben. In diesen Ländern geht es nicht um Luxus, sondern ums nackte Überleben. Jeden Tag sterben Tausende Kinder an Krankheiten, die durch verschmutztes Trinkwasser entstehen. Zwar ist die Zahl derjenigen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, von über einer Milliarde auf rund 880 Millionen gesunken. Das sind aber immer noch 880 Millionen Menschen zu viel. Genauso bedeutend für die menschliche Gesundheit und Entwicklung ist die sanitäre Versorgung. 2,6 Milliarden Menschen haben keinen Zugang dazu. Um die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren hat die UN das Jahr 2008 zum "Jahr der sanitären Grundversorgung" erklärt. Auch während der diesjährigen Weltwasserwoche vom 17. bis 23. August in Stockholm wird dies das Schwerpunktthema sein. Und die Expo im spanischen Saragossa, die noch bis September läuft und sich der nachhaltigen Nutzung von Wasser widmet, kann helfen, das Bewusstsein für den Umgang mit Wasser zu schärfen.
Das ist auch Ziel dieser Themenausgabe. Darin geht es nicht nur um Entwicklungsländer, denn auch in einigen Regionen Europas mehren sich Dürreperioden und sorgen - wie in Spanien - für Wassermangel. In der Bundesrepublik sinkt der Wasserverbrauch seit Jahren kontinuierlich. Aber auch das kann problematisch werden - wenn durch die Rohrleitungen zu wenig Wasser fließt, entstehen Probleme. Technische Lösungen sind nicht nur hier gefragt. Die Landwirtschaft zum Beispiel benötigt dringend Innovationen für sparsamere Anbaumethoden. Manche Erfindungen wiederum sind umstritten, wie die Wasserfiltersysteme für den Hausgebrauch. Das deutsche Leitungswasser sei gut genug, sagen Experten. Ihren Durst stillen die Deutschen dennoch lieber mit Mineralwasser - und borgen es sich manchmal auch bei Nachbarn.