Mit dem Krieg um Südossetien hat Russland sein hässliches Gesicht gezeigt. Gegenüber einem georgischen Präsidenten, der zu hoch gepokert hatte, setzte es rücksichtslos auf militärische Gewalt. Damit zeigte Moskau einmal mehr, dass es zur Durchsetzung eigener Interessen auf das Recht des Stärkeren pocht.
Unterdrückung der Opposition, ungeklärte Morde an Regimekritikern und die Erpressung von Nachbarländern, die es zu seinem Einflussbereich zählt, machen Russland zu einem schwierigen Partner. US-Präsident George W. Bush setzt deshalb auf Konfrontation, verfolgt den Ausbau eines Raketenschilds in Osteuropa und setzte sich dafür ein, die Ukraine und Georgien rasch in die Nato aufzunehmen. Neokonservative Vordenker wie Robert Kagan, der den republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain berät, wollen, dass er diese Strategie weiter verfolgt. Dabei ist evident, dass das russische Vorgehen gegen Georgien auch eine Retourkutsche für die Unabhängigkeit des Kosovos ist, die der Westen unterstützt hat. Im Kaukasus verteidigen nun die USA das Prinzip der territorialen Integrität eines unabhängigen Staates, während Russland das Selbstbestimmungsrecht der Völker beschwört. Deutschland hat, allein schon wegen seiner geografischen Lage und der Abhängigkeit bei der Energieversorgung, keine Alternative zu einem realpolitischen Kurs gegenüber Moskau.
Der Unterschied zwischen Gerhard Schröder und Angela Merkel besteht in ihrem Verhältnis zu Russland deshalb vor allem im Stil, weniger in der Sache. Berlin muss sein gutes Verhältnis zu Moskau in Zukunft mehr denn je nutzen, um eine Vermittlerrolle zu spielen - nicht nur zwischen Moskau und Tiflis. Sondern auch, ganz allgemein, zwischen Russland und dem Westen, vor allem den USA.