Das russische Parteiensystem ist noch im Fluss. Parteien entstehen und verschwinden, ideologische Profile sind verschwommen. Parteien werden in Russland selten von unten zur Bündelung bestimmter Bürgeranliegen gegründet, meist sind sie von oben angeordnete Projekte für bestimmte taktische Zwecke. Das unter Präsident Wladimir Putin beschlossene Parteiengesetz hat die Hürden für eine Zulassung erhöht. So muss eine Partei in jedem der 83 russischen Verwaltungsgebiete mindestens 500 Mitglieder nachweisen. Die Zersplitterung der Parteienlandschaft wurde so gestoppt - mit dem vom Kreml erwünschten Effekt, dass viele kritische Parteien verschwunden sind.
ist eine typische "Partei der Macht", wie sie überall in der Ex-Sowjetunion zur Stützung von Präsident und Regierung entstanden sind. Die 2001 gegründete Partei mit dem Bären im Logo beherrscht die Staatsduma (315 der 450 Sitze) und alle regionalen und kommunalen Parlamente. In der Machtfülle, wenn auch nicht in der Ideologie wird Geeintes Russland deshalb mit der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, KPdSU, verglichen. 1,5 Millionen Mitglieder zählte die Bürokraten- und Funktionärspartei 2007. Geeintes Russland sieht sich als gemäßigt konservative Partei, sie will einen starken Staat, die Entwicklung der Wirtschaft, eine Stärkung der Armee. Putin ist kein Mitglied, doch im Mai 2008 übernahm er den Vorsitz, um sich eine Machtbasis nach dem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt zu sichern. (www.er.ru)
Die ist zweitstärkste Partei. Bei der Dumawahl 2007 bekam sie 11,57 Prozent der Stimmen und 57 Sitze. Die 1990 gegründete Partei unter ihrem Dauervorsitzenden Gennadi Sjuganow stützt sich auf ältere Wählerschaft, die der Sowjetunion nachtrauert. Als Nachfolgerin der KPdSU will die Partei Schlüsselindustrien wieder verstaatlichen. Zu kommunistischen Idealen hat sich über die Jahre ein aggressiver Nationalismus gesellt. In der Kritik an sozialer Verelendung gibt sich die KPRF als "unversöhnliche Opposition". Doch der Wiederaufstieg Russlands unter Putin wurde begrüßt. 165.000 Mitglieder. (www.kprf.ru)
Die gegründet 1991, ist weder liberal noch demokratisch, sondern rechtspopulistisch. Ihr Vorsitzender Wladimir Schirinowski bindet mit polternden Sprüchen seit Jahren erfolgreich für den Kreml ein rechtsgerichtetes, nationalistisches Wählerpotenzial. Bei der Dumawahl 1993 kam die LDPR auf 23 Prozent der Stimmen, bei der Wahl 2007 waren es immerhin noch 8,1 Prozent (40 Sitze). (www.ldpr.ru)
ist eine vom Kreml gegründete linke Partei, die als Gegengewicht zum Geeinten Russland dient und den Kommunisten Stimmen abjagen soll. Dazu wurden 2006 die Partei Rodina (ein linksnationalistisches Kreml-Projekt zur Dumawahl 2003), die Rentnerpartei und die Partei des Lebens zusammengeschlossen. Vorsitzender ist der Präsident des Föderationsrates, Sergej Mironow. Im Wahlkampf 2007 stand die Partei vor dem Dilemma, einerseits Putin zu unterstützen und sich gleichzeitig als linke Opposition geben zu müssen. Mit 7,7 Prozent (38 Sitze) schaffte Gerechtes Russland den Sprung ins Parlament. (www.spravedlivo.ru)
Von den Parteien, die an der Barriere von sieben Prozent scheiterten, ist die die stärkste mit 2,3 Prozent. Sie vertritt die Interessen der Landbevölkerung und steht traditionell den Kommunisten nahe. Zur Präsidentenwahl 2003 trat der Agrarier-Abgeordnete Nikolai Charitonow für die linken Parteien an, während KP-Chef Sjuganow auf eine Kandidatur verzichtete. APR-Vorsitzender ist Wladimir Plotinow. (www.agroparty.ru)
Die sozialliberale Partei (zu deutsch: Apfel) wurde 1993 gegründet. Jabloko tritt für wirtschaftlichen Wettbewerb und aktive Sozialpolitik ein. Doch Parteichef Grigori Jawlinski unternahm nie den Versuch, seine Vorstellungen in der Regierung umzusetzen, er hielt die Partei in Opposition zum Kreml. Persönliche Animositäten verhinderten, dass Jabloko und die Union rechter Kräfte SPS sich zu einer starken liberalen, westlich-demokratischen Partei zusammenschlossen. (www.yabloko.ru)
Die gegründet 1999 als Sammelbecken der Demokraten, ist eine wirtschaftsliberale Partei. Den Vorsitz führt seit 2005 Nikita Belych. Beherrschende Figur ist aber Anatoli Tschubais, der umstrittene Chefprivatisierer der Jelzin-Ära, nun Vorsitzender des Stromkonzerns RAO Vereinigte Energiesysteme Russlands. Die Haltung der SPS zum Kreml ist zwiespältig: Sie befürwortete Wladimir Putins Wirtschaftspolitik, kritisierte aber dessen autoritäre Herrschaft. (www.sps.ru)