JAHRESSTEUERGESETZ
Bundestag erörtert Absetzbarkeit von Schulgeld und andere geplante Änderungen
Wer seine Kinder auf eine Privatschule schickt, muss dafür Schuldgeld zahlen. Je renommierter, desto teurer. Bislang sind bis zu 30 Prozent dieser Kosten steuerlich absetzbar. Liegt die Schule im Ausland, ist dies aber nur für Deutsche und Europäische Schulen möglich. Diese Einschränkung hat der Europäische Gerichtshof als Verstoß gegen den EG-Vertrag bewertet. Die Absetzbarkeit von Schuldgeld hätte also komplett gestrichen oder aber auf alle Privatschulen in der EU und im Europäischen Wirtschaftsraum ausgedehnt werden müssen, um mit dem EU-Recht übereinzustimmen.
Die Bundesregierung hat sich dafür entschieden, die 30 Prozent beizubehalten, zugleich aber eine Obergrenze von 3.000 Euro im Jahr festzulegen. Wer seine Kinder also zum Beispiel auf ein sehr teures englisches Internat schickt, kann nun erstmals Schulgeld steuerlich absetzen, aber eben nur bis zur maximalen Höhe von 3.000 Euro. So steht es im Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2009 ( 16/10189), den der Bundestag am 25. September in erster Lesung beraten und an den Finanzausschuss überwiesen hat.
Ein Jahressteuergesetz ist ein alljährlich wiederkehrendes Gesetz, das alle möglichen steuerlichen Änderungen behinhaltet: Da wird die jünste Rechtsprechung aufgegriffen, da werden Vorgaben der Europäischen Union berücksichtigt, es werden redaktionelle Versehen korrigiert und Anregungen aus der Finanzverwaltung aufgenommen. Und manche Änderung, wie etwa die beim Schulgeld, hat für die Betroffenen spürbare Auswirkungen.
Der Vorsitzende des Finanzausschusses, Eduard Oswald (CDU/CSU) nannte das Gesetz einen "Besenwagen" und freute sich in der Debatte, dass es nicht zu einer vollständigen Streichung der steuerlichen Absetzbarkeit von Schuldgeld gekommen ist. Den 3.000-Euro--Deckel hielt der FDP-Abgeordnete Volker Wissing für einen "fatalen Fehler": "Da werden Eltern verteufelt, die ihre Kinder auf Privatschulen schicken."
Barbara Höll von der Linksfraktion meinte, viele Eltern wichen nur deshalb auf Privatschulen aus, weil die öffentlichen Schulen unter Geldmangel litten. Christine Scheel (Bündnis 90/Die Grünen) bedauerte, dass der Steuerabzug nicht bei berufsbildenden Ersatzschulen angewendet werden könne, wurde aber von Gabriele Frechen beruhigt: "Wir arbeiten daran, dass auch diese Schulen einbezogen werden." Die SPD-Politikerin kündigte auch an, dass der Arbeiter-Samariterbund in den Katalog der gemeinnützigen Vereine aufgenommen werde.
Wichtigste Regelung im "Besenwagen" ist aus Sicht von Eduard Oswald, dass extremistische Vereine künftig von der Gemeinnützigkeit und den damit verbundenen steuerlichen Vorteilen ausgeschlossen werden. Eine Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements erhofft er sich davon, dass die Reihenfolge bei der Haftung von Vorstandsmitgliedern in Vereinen neu festgelegt wurde. Vorrangig soll künftig zuerst der Verein selbst haften, das Vereinsmitglied erst dann, wenn der Verein nicht in Anspruch genommen werden konnte. Bislang können Vereinsvorstände auch direkt belangt werden, was nach Ansicht der Regierung viele von einem Vorstandsengagement in einem Verein abgehalten haben könnte. Volker Wissing warf der Regierung vor, dass damit die versuchuldenunabhängige Haftung noch nicht abgeschafft sei.
Vorgesehen ist in dem Entwurf auch ein so genanntes Faktormodell, das den Lohnsteuerabzug bei Doppelverdiener-Ehepaaren auf Antrag neu verteilt, sodass der geringer Verdienende bis zu 900 Euro im Monat keinen Lohnsteuerabzug hinnehmen muss. Barbara Höll (Die Linke) plädierte dafür, statt dessen den nicht ausgeschöpften steuerlichen Grundfreibetrag auf den Partner zu übertragen. Christine Scheel sagte, bei der Wahl dieses Verfahrens müssten zunächst die Bruttolöhne der Ehepartner ermittelt werden, die Unternehmen müssten dazu eine eigene Software vorhalten. "Bürokratieabbau schaut anders aus", meinte die Abgeordnete. Gabriele Frechen lobte dagegen die "individuelle Besteuerung mit Splittingvorteil" beim Faktorverfahren. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Nicolette Kressl (SPD), nannte aus dem breiten Spektrum der Steueränderungen noch, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten künftig steuerfrei Angebote machen können, die der Fitness und "Gesunderhaltung" dienen.
Legalisiert werden soll die jahrelange Verwaltungspraxis des "steuerlichen Querverbundes" in Kommunen. Machen sie in einem Geschäftsbereich, etwa der Energieversorgung, Überschüsse, so dürfen sie diese auch künftig dafür verwenden, um Defizite beispielsweise beim Schwimmbadbetrieb auszugleichen. "Ich halte nichts davon, die Kommunen in ihrer wirtschaftlichen Betätigung einzuschränken", sagte dazu Gabriele Frechen.
Auch die Steuergerechtigkeit soll profitieren: Die Verjährungsfrist bei Steuerhinterziehung soll einheitlich zehn Jahre betragen, sowohl für die Steuerfestsetzung als auch für die Strafverfolgung, wo bislang eine Fünfjahresfrist gilt. Volker Wissing bedauerte, dass es damit zu einer Abkoppelung vom übrigen Strafrecht komme. "Wir müssen die Steuerverwaltung effektiver machen", befand Antje Tillmann (CDU/CSU) mit Blick auf lange Ermittlungszeiten bei Steuerhinterziehung. Bund und Länder müssten enger zusammen- arbeiten.
Zugelassen werden soll schließlich, dass Unternehmen ihre elektronische Buchhaltung ins Ausland verlagern. Der Dauerzugriff der Finanzbehörden muss aber nach Aussage Antje Tillmanns weiterhin in vollem Umfang möglich sein.