Libertas
Europa-Skeptiker wollen Anerkennung als Europäische Partei. Und Wahlen gewinnen
Die "Libertas" residiert in der teuren Brüsseler Avenue de Cortenbergh, in einem Bürohaus mit futuristischer wellenförmiger Fassade. Im siebten Stock hat sie helle Räume gemietet, die einen Blick auf das halbe Europaviertel bieten. Und auf den Gegner - die mächtige EU-Kommission ein paar hundert Meter weiter.
Die Bewegung "Libertas" ist das geistige Kind des irischen Geschäftsmanns und Milliardärs Declan Ganley. Der hat sich dem Ziel verschrieben, den EU-Reformvertrag von Lissabon zu verhindern. Die Begründung dafür klingt zusammengefasst etwa so: "In Brüssel herrschen unkontrollierte Eliten, die nicht vom Volk gewählt sind. Jeder neue EU-Vertrag verschafft ihnen mehr Macht. Deshalb sagen wir Nein."
Nun, da die Europawahlen vor der Tür stehen, sammelt die "Libertas" all ihre Kräfte. Sie will sich als "Europäische Partei" anerkennen lassen und anschließend im Juni europaweit antreten. Einen ersten politischen Erfolg hatte sie bereits vergangenen Sommer errungen. Sie trug maßgeblich dazu bei, dass die Iren den Lissabon-Vertrag in einem Referendum ablehnten.
Dann aber geriet sie ins Schlingern. Der erste Versuch, sich als Europapartei registrieren zu lassen, ging Anfang Februar gründlich schief. Denn laut EU-Vorgaben braucht es dafür die Unterstützung gewählter Politiker aus sieben Ländern. Doch zwei der von "Libertas" benannten Personen, Igor Gräzin aus Estland und Mincho Hristov aus Bulgarien, stritten ihre Mitgliedschaft plötzlich ab. Hatte die Gruppe geschummelt, um an die 200.000 Euro Wahlkampf-Fördermittel zu kommen?
"Nicht im Geringsten", sagt Anita Kelly, Sprecherin der "Libertas" im Brüsseler Hauptquartier. "Die beiden wurden unter Druck gesetzt und zum Lügen gezwungen. Das zeigt, wie sehr das Establishment uns fürchtet." Sie deutet auf Fotos, auf denen die unterschriebenen Mitgliedserklärungen der beiden zu sehen sind. Inzwischen seien Ersatzleute gefunden - "deren Namen vorerst geheim bleiben, damit nicht dasselbe noch einmal passiert."
Das EU-Parlament prüft die Vorfälle und könnte am 18. Februar eine Entscheidung treffen. "Libertas" macht inzwischen eifrig mit der Arbeit weiter. Denn der Status "Europapartei" ist gar nicht vorgeschrieben, um an den Wahlen teilzunehmen. Vielmehr gibt es in jedem Land eine eigene Liste, sofern sich genug Unterstützer finden. In Deutschland etwa gebe es "enormes Potenzial", betonte Ganley in der vergangenen Woche in einem Interview.
Dann muss sich zeigen, ob "Libertas" auch die Wähler überzeugen kann. Denn Politiker, die am Ist-Zustand der EU herumnörgeln, gibt es derzeit schon zuhauf - auch im EU-Parlament. Es käme jetzt darauf an, sich von ihnen mit konstruktiven Gegenvorschlägen abzuheben. Das Programm der Partei "ist schon fast fertig", sagt Kelly. Unter anderem wolle man sich dafür einsetzen, dass die EU-Kommissare künftig direkt vom Volk gewählt werden.