Zu den Abgeordneten, die im medialen Rampenlicht stehen, zählt Gerd Höfer nicht. Doch im März 2005 ging sein Name bundesweit durch die Presse. Der SPD-Abgeordnete war in einer fraktionsinternen Abstimmung über den künftigen Wehrbeauftragten überraschend gegen seinen Fraktionskollegen Reinhold Robbe angetreten. Das hatte für Aufsehen gesorgt. Zumal sich Robbe, der Wunschkandidat von Fraktionschef Franz Müntefering, dessen Wahl als sicher galt, erst im zweiten Wahlgang mit einem hauchdünnen Vorsprung von zwei Stimmen durchsetzen konnte.
Geärgert habe er sich darüber, dass ihnen die Fraktionsführung einen Kandidaten einfach vorgesetzt habe, erzählt Höfer. "Dass ich gegen Robbe angetreten bin, war eine Warnung und eine Ohrfeige." Seine knappe Niederlage nimmt er sportlich: "Da muss man durch", sagt der Hesse, der seit vielen Jahren im Verteidigungsausschuss sitzt, lakonisch. "Immerhin hat sich mein Prestige in der Fraktion durch meine Gegenkandidatur erheblich verbessert."
Bevormundung konnte der 65-Jährige, der als Major der Reserve und Stellvertretender Vorsitzender des Verbandes der Reservisten der Bundeswehr "weiß, wie die Bundeswehr tickt", noch nie leiden. Das war schon im Haus der Eltern so, das er zu ihrem Entsetzen vor dem Abitur verließ, um zur Handelsmarine zu gehen. Dort blieb er zwar nur ein Jahr lang. Aber den klaren Vorstellungen des Vaters - "Du kannst alles werden außer Soldat und Politiker" - beugte er sich auch nach der vorübergehenden Rückkehr ins Elternhaus nicht. Im Gegenteil. Um sich sein Lehramtsstudium leisten zu können, verpflichtete sich Höfer nach dem Abitur für drei Jahre freiwillig bei der Bundeswehr.
1968 trat Höfer der SPD bei, für die er seit 1973 im Kreistag des nordhessischen Schwalm-Eder-Kreises sitzt. Sein Engagement in der Truppe war manch linken Parteikollegen ein Dorn im Auge. Heidemarie Wieczorek-Zeul etwa, damals Juso-Landesvorsitzende in Hessen und heute Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, fand, SPD und Bundeswehr, das passe nicht zusammen. "Da habe ich ihr gesagt: ,Du wirst sehen, es geht beides'", erinnert sich Höfer mit einem ironischen Lächeln. Es ging dann auch.
Bei den Bundestagswahlen 1994 gewann er auf Anhieb das Direktmandat für seinen Heimatwahlkreis Schwalm-Eder. Fraktionsintern machte sich der Lehrer für Sport, Deutsch und Physik rasch einen Namen als engagierter Sicherheitspolitiker; eine Zeitlang war er sogar für den Vorsitz des Verteidigungsausschusses im Gespräch. Ein weiterer politischer Schwerpunkt sind die Beziehungen zu den mittel- und osteuropäischen Transformationsstaaten. Vor allem zu Litauen, Estland und Lettland pflegt der stellvertretende Vorsitzende der deutsch-baltischen Parlamentariergruppe freundschaftliche Kontakte und bietet jungen Leuten aus diesen Ländern immer wieder die Möglichkeit, in seinem Abgeordnetenbüro ein Praktikum zu absolvieren. Der Erfahrungsaustausch, der sich daraus ergibt, gehört für Höfer zu den schönsten Erlebnissen im Bundestag.
Ansonsten fällt die Bilanz seines langjährigen Abgeordnetendaseins etwas ernüchternd aus. "Im Bundestag muss man sich daran gewöhnen, dass man allein wenig bewegen kann", sagt er. Auch die nachrückende Politikergeneration gefällt ihm nicht so recht, "die sind oft beliebig, haben keinen eigenen Standpunkt", so sein Urteil. Alles Gründe, die ihn bewogen haben, bei der Bundestagswahl im September nicht wieder anzutreten.
Er geht aber nicht, ohne eine Art politisches Vermächtnis zu hinterlassen. "Europäische Armee. Vision oder Utopie?" heißt sein Buch, das Ende Januar in der Hessischen Landesvertretung in Berlin vorgestellt wurde. Darin geht Höfer der Frage nach, ob die von ihm befürwortete Europäisierung der Streitkräfte mittelfristig überhaupt realisierbar erscheint. Dass der intime Kenner der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik diese Frage am Schluss bejaht, sollte den vielen Skeptikern einer vertieften Integration in diesem Politikbereich zu denken geben.