BADEN-WÜRTTEMBERG
Altschulden drücken erheblich
Es grummelt im Ländle: Schon wieder in die Tasche greifen, das ärgert die sparsame Schwabenseele. SPD-Oppositionsführer Claus Schmiedel zeigt sich "not amused", dass Stuttgart im Rahmen des Anti-Schulden-Pakts durch die in den Hilfsfonds für fünf arme Länder fließenden Mittel mit rund 470 Millionen Euro tüchtig zur Kasse gebeten wird: "Baden-Württemberg hat davon keinen Vorteil und muss im Gegenteil sogar noch erheblich draufzahlen." Auf diese Weise werde "eine neue Art Länderfinanzausgleich eingeführt", der das Land schwer belaste. Ähnlich klingt es beim CDU-Fraktionsvorsitzenden Stefan Mappus: "Es gibt für uns keinen Vorteil." Im Gegenzug zur Hilfe für finanziell darbende Länder springe für die Geber nichts heraus. Wobei Mappus keine Kritik an Günther Oettinger üben will, vielmehr hätten in der
Föderalismuskommission der Bund und andere wohlhabende Länder dem Ministerpräsidenten die Unterstützung versagt.
Auch am Neckar sorgen die finanziellen Konsequenzen der Schuldenbremse für Zündstoff. Indes wird der Berliner Kompromiss trotz eines gewissen Unbehagens selbst in den Reihen der CDU natürlich nicht in Stuttgart scheitern, schließlich hat der Chef das Modell mit ausgehandelt: Oettinger spricht von einem "vertretbaren Betrag", den das Land aufzubringen hat. Spurlos gehen die neuen Subventionen für die fünf armen Brüder an Baden-Württemberg freilich nicht vorbei.
Schwaben und Badener stehen finanzpolitisch recht solide da, was in erster Linie einem brummenden Wirtschaftsmotor zu verdanken ist. Gleichwohl sitzt auch Baden-Württemberg, dessen aktueller Etat sich 2009 auf 35 Milliarden Euro beläuft, auf einem riesigen Altschuldenberg von 42 Milliarden Euro. Jährlich blättert Finanzminister Willi Stächele zwei Milliarden Euro für Zinslasten hin. Allerdings nimmt das schwarz-gelbe Kabinett seit 2008 keine neuen Kredite mehr auf, Oettinger streicht diese "schwarze Null" gern heraus. Auch die im Rahmen des Konjunkturpakets II auf das Land 2009/2010 zukommenden Ausgaben in Höhe von 950 Millionen Euro will Stächele ohne Kredite stemmen: Verzichtet wird vorerst auf Schuldentilgung, in der Zukunft ohnehin geplante Investitionen werden vorgezogen.
Nun wirken angesichts der Haushaltszahlen jene gut 50 Millionen Euro vergleichsweise bescheiden, die Stuttgart zwischen 2011 und 2019 jedes Jahr in den neuen Hilfsfonds im Rahmen der Schuldenbremse überweisen soll. Baden-Württemberg stützt jedoch zudem mit im Schnitt jährlich 2,4 Milliarden Euro den normalen Länderfinanzausgleich. Es dürfe nun kein zusätzlicher Finanzausgleich eingerichtet werden, fordert Mappus, ohne dass den Geberländern die Aussicht eröffnet werde, ihre Zahlungen ins alte System zu verringern. Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann richtet derweil schon den Blick auf 2019, wenn der Länderfinanzausgleich ausläuft: "Ich plädiere für die Zeit nach 2019 für eine Abschaffung." Oettinger hofft, dass die Stabilisierung der Nehmerländer durch den Schuldenpakt auf lange Sicht Baden-Württemberg beim Schuldenpakt entlasten werde.
Schmiedel kritisiert, die Föderalismuskommission verweigere den Ländern eine Steuerautonomie, die diesen eigene Einnahmemöglichkeiten eröffne. Und der SPD-Politiker wettert außerdem gegen den Plan, über das Grundgesetz via Schuldenverbot die Ausgaben der Länder zu beschränken, was deren Kompetenzen beschneide. Ausgestanden ist die Debatte am Neckar noch lange nicht.