Mehrere Sachverständige haben auf eine für Kreditkartenkunden möglicherweise folgenschwere Regelungslücke im geplanten Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz ( 16/11613, 16/11640) hingewiesen. In einer Anhörung des Finanzausschusses am 11. Februar warnte Professor Udo Reifner vom Institut für Finanzdienstleistungen vor einer Liberalisierung des Kreditmarktes über Kreditkarten, weil Kreditkartenanbieter keine Banklizenz mehr benötigen würden. Die Öffentlichkeit könne jedoch kein Interesse haben, dass ein "aufsichtsfreies Tor nach Deutschland" geöffnet werde.
Mit dem Gesetz will die Bundesregierung den Zahlungsverkehr neu regeln und an das durch eine EU-Richtlinie vorgegebene europäische Niveau angleichen. Reifner warnte, in diesem Zusammenhang könne sich das anglo-amerikanische Kreditkartensystem, bei dem jeder Kreditkarte ein eigener Kreditrahmen zugeordnet sei, auch in Deutschland ausbreiten. Auf diese Weise könne der Kunde eine Vielzahl von Kreditkarten nutzen. "Diese Systeme erlauben eine unkontrollierte Schuldenexplosion, überhöhte Zinsen, Zinseszinsen und zusätzliche Gebühren, die im Zinssatz nicht enthalten sind", warnte der Sachverständige. In den USA und Großbritannien würden Kreditkartenschuldner ihre Schulden bezahlen, indem sie Geld von einer auf die andere Kreditkarte umbuchen würden. Sie würden Opfer von "wucherverdächtigen Zinssätzen".
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wies darauf hin, das System der zügellosen Vergabe von Kreditkarten habe in Amerika zahlreiche Verbraucher in eine ausweglose Überschuldungssituation getrieben. In Deutschland hätten, so argumentierte der DGB, Kreditkarten bisher überwiegend eine der EC-Karte ähnliche Funktion. Der Überziehungsrahmen messe sich am Lohn und Gehalt des Kartenbesitzers.
Private Banken gingen jedoch dazu über, den Kartenbesitzern Teilzahlungsfunktionen anzubieten. Dabei verliere der Verbraucher schnell den Überblick und gerate in eine Verschuldungsspirale. Die Regelung, dass in Deutschland nur zugelassene Banken und Sparkassen das Kreditgeschäft betreiben dürften, werde aufgeweicht. "Die freie Gestaltungshoheit für Anbieter (Höhe des Zinssatzes, Gebühren, Effektivzinssatz) ist vor dem Hintergrund der Finanzkrise der letzten Monate nicht nachvollziehbar", kritisierte der DGB. In einer Stellungnahme der Verbraucherzentrale hieß es, Zahlungsdienstleistungen dürften nicht zu einem verdeckten Kreditgeschäft mutieren.