WIRTSCHAFT
Arcandor bleibt ohne Hilfe und muss in die Insolvenz gehen. Risiken bei Opel
Schon in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 3. Juni hatte die Bundesregierung durchblicken lassen, dass es mit Staatsgeld für den angeschlagenen Handels- und Touristik-Konzern Arcandor schwierig werden würde. Zu groß war der Widerstand in der EU-Kommission in Brüssel. Und die Tatsache, dass Arcandor schon vor dem Sommer vergangenen Jahres und somit vor der Weltwirtschaftskrise Probleme hatte, war auch nicht schönzureden. Arcandor hatte aus den Konjunkturprogrammen des Bundes zunächst eine Bürgschaft von 650 Millionen Euro und einen Kredit in Höhe von 200 Millionen Euro haben wollen. Als deutlich wurde, dass daraus nichts werden würde, beantragte das Unternehmen, das 50.000 Mitarbeiter hat, eine Rettungsbeihilfe von 437 Millionen Euro. Da es auch diese Rettung nicht gab, trat Arcandor, zu dem so bekannte Marken wie Karstadt, Quelle und der Reiseveranstalter Thomas Cook gehören, den Weg zum Konkursrichter an.
Wie es mit Arcandor weitergeht, ist völlig offen. Der Streit um die Arcandor-Hilfe spaltet auch die Koalition: Die SPD setzte sich für Hilfen ein, die Union und besonders deren Wirtschaftsflügel lehnten sie ab. "Es kann doch nicht sein, dass der Arbeitsminister für Arbeitsplätze kämpft und der Wirtschaftsminister für Insolvenzen", empörte sich Außenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier über seinen Kabinettskollegen Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Der konterte mit dem Vorwurf, die SPD mache "Wahlkampf zulasten der betroffenen Menschen". Guttenberg setzt jetzt auf den Vorrang unternehmerischer Entscheidungen. Doch die zunächst hoffnungsvoll erscheinenden Gespräche zwischen Arcandor und der Metro AG über die Eingliederung von Karstadt-Warenhäusern in die zur Metro gehörende Kaufhof-Kette sind seit der Insolvenz unterbrochen.
Der erste große Sanierungsfall seit Beginn der Krise, der Autobauer Opel, macht allen Beteiligten weiterhin Sorgen. Das bei Gesprächen im Kanzleramt am 29. Mai erzielte "Memorandum of Understanding" (MoU) über die Zukunft von Opel sei unverbindlich und enthalte Risiken. Diese Einschätzung äußerten die Bundesregierung und alle Fraktionen im Wirtschaftsausschuss. Zu Guttenberg erklärte, das Memorandum, das den Einstieg des kanadisch-österreichischen Zulieferers Magna vorsieht, sei zunächst einmal unverbindlich. Das Risiko des Scheiterns sei durchaus noch vorhanden. Daher habe sein Ministerium auch ein weiteres Gespräch mit einem chinesischen Interessenten geführt.
Guttenberg, der zunächst einer Insolvenzlösung den Vorrang vor dem jetzt gefundenen Treuhand-Modell gegeben hatte, erklärte: "Ich werde mich am Prozess des Gelingens nach Kräften beteiligen." Von seiten der Opposition wurde auch kritisiert, dass ein Teil der deutschen Hilfsgelder in andere EU-Länder fließe.