BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
Regierung darf Fragen über die Tätigkeit von Geheimdiensten nicht in jedem Fall verweigern
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in diesem Monat gleich zweimal die Rechte der Abgeordneten im Bundestag gestärkt: In einem am 30. Juli veröffentlichten Beschluss stellt das oberste deutsche Gericht fest, dass die Bundesregierung die Beantwortung parlamentarischer Anfragen nicht mit pauschalen Begründungen beispielsweise auf Geheimhaltungsinteressen ablehnen darf. Bereits in der vergangenen Woche hatten die Richter die pauschale Verweigerung von Informationen gegenüber dem BND-Untersuchungsausschuss für verfassungswidrig erklärt.
Konkret ging es bei der aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts um zwei Anfragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nach der möglichen Bespitzelung von Bundestagsabgeordneten durch die Nachrichtendienste des Bundes und der Länder. Die Bundesregierung hatte Teile dieser Anfragen nicht beantwortet - mit dem Verweis auf Geheimhaltungsinteressen.
Daraufhin waren vier einzelne Abgeordnete sowie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor das Verfassungsgericht gezogen und hatten eine Organklage eingereicht.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, begrüßte das Urteil: Die Bundesregierung dürfe die Auskunft über die geheimdienstliche Überwachung von Abgeordneten nicht verweigern. Der "Entdemokratisierung" habe das Gericht "Einhalt geboten". Die Große Koalition müsse die Rechte des Parlaments und der Abgeordneten achten, "statt das Land in Hinterzimmern und unter Ausschluss des Parlaments zu regieren", sagte Künast.
Einen anderen Aspekt betonte der FDP-Abgeordnete Max Stadler: Die "wegweisende Entscheidung" des Verfassungsgerichts stärke indirekt auch die Befugnisse des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr), das die Arbeit der Nachrichtendienste überwachen soll. Es habe die Gefahr bestanden, dass sich die Regierung unter Berufung auf Gründe des Staatswohls doch wieder einen kontrollfreien Raum geschäffen hätte. Dem sei Karlsruhe entgegengetreten.
Nach dem Urteil forderten die Abgeordneten der Linkspartei, Ulla Jelpke und Bodo Ramelow, die Bundesregierung auf, die Bespitzelung von Abgeordneten ihrer Fraktion "endlich einzustellen". Die Regierung missbrauche ihre Machtposition, um eine politische Gegnerin "zu diffamieren und auszuspähen".