PARTEIEN
Bekannte Kritik von einem bekannten Kritiker
Seit Jahren liest er Parteien und Politikern die Leviten. Penibel, penetrant und provozierend reibt Hans Herbert von Arnim der "politischen Klasse" unter die Nase, dass sie das Wahlrecht für den eigenen Machterhalt missbraucht, sich auf Kosten der Steuerzahler bereichert und den Volkswillen ignoriert. So hat der mittlerweile emeritierte Professor für Staats- und Verwaltungsrecht auch in seinem neuen Buch nichts fundamental Neues zu berichten. Das 400-Seiten-Werk liest sich eher wie die Summe seiner Bestseller. Dennoch liefern die "alten", mit neuen Zahlen und Fakten gespickten Argumente immer noch Diskussionsstoff - gerade im Wahljahr 2009.
Nach wie vor lohnt sich die Debatte darüber, ob das Mehrheitswahlrecht nicht doch demokratischer ist als das Verhältniswahlrecht bundesrepublikanischer Prägung. Wengleich von Arnim dafür gewichtige Gründe ins Feld führt, lässt sich darüber streiten, ob die Verengung auf ein Zweiparteiensystem wirklich die Interessen einer heterogenen Gesellschaft spiegelt. Dass die "politischen Köpfe kleinerer Parteien" nicht verloren gehen, sondern "im Zuge des parteilichen Konzentrationsprozesses von den Großen integriert" werden, ist ein frommer Wunsch. Vielmehr werden sich diese Köpfe entweder abwenden oder anpassen, so dass ihr Profil an Kontur verliert. Wer wie von Arnim die Fünf-Prozent-Klausel als überholt und ungerecht betrachtet, der erweist den kleinen Parteien mit einem Plädoyer für ein "gemäßigtes Mehrheitswahlrecht" sicher keinen Gefallen.
Freilich will der streitbare Jurist mit seinen Vorschlägen vor allem dem Volk gefallen. Mit seiner Fundamentalkritik an überzogenen Diäten, Mitarbeiterpauschalen und Ruhegeldzahlungen lässt sich beim Wähler immer punkten. Ob ein Volksvertreter sein Geld wert ist, muss von Fall zu Fall betrachtet werden. Pauschalurteile sind nicht angebracht, wohl aber von Arnims Forderung nach leistungsgerechten und nachvollziehbaren "Entschädigungen". Solche Reformen wird das Volk sicher honorieren. Ob die Wähler aber das von Arnim geforderte "Mehr an Demokratie" zu nutzen wüsste, lässt sich nur schwer vorhersehen. Vorhersehbar ist nur, dass sich Parteien und Politiker etwas einfallen lassen müssen, wenn sie ihre Glaubwürdigkeit und damit ihre Wähler nicht verlieren wollen.
Volksparteien ohne Volk. Das Versagen der Politik.
C. Bertelsmann, München 2009; 400 S., 19,95 ¤