Aktuelle Stunden zu Biosprit, Tibet und Polizei in Libyen
In der Sitzungswoche vom 7. bis 11. April 2008 debattierte der Bundestag über die Verbesserung der Ausbildungschancen förderungsbedürftiger Jugendlicher und die geplante Rentenanpassung 2008. Außerdem verabschiedete er ein geändertes Stammzellgesetz. Drei Aktuelle Stunden befassten sich mit den Themen Biosprit-Beimischung, Lage in Tibet und deutsche Sicherheitskräfte in Libyen.
Auf der Tagesordnung standen zudem Anträge aus den
Fraktionen, unter anderem zur Stärkung des Wettbewerbs auf dem
Strommarkt und die Verwendung von Flugdatensätzen.
In der ersten Plenarsitzung am Mittwoch, dem 9. April 2008,
kamen die Abgeordneten zur Fragestunde und zur Befragung der
Bundesregierung zusammen.
Im Anschluss an die Fragestunde folgte auf Verlangen der Fraktion Bündnis90/ DIE GRÜNEN eine Aktuelle Stunde zum Thema „Unterschiedliche Auffassungen innerhalb der Bundesregierung zur Erhöhung der 'Bio'sprit-Beimischung“.
Renate Künast, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ DIE GRÜNEN bezeichnete die Biokraftstoff-Strategie der Bundesregierung in der Debatte als "kapitalen Fehler“. Von der Zwangsbeimischung hätten nur die "großen Mineralölkonzerne profitiert“, die ihre Rohstoffe günstig auf dem Weltmarkt besorgten. So mache man keine Klimapolitik.
Auch Eva Bulling-Schöter von der Fraktion DIE LINKE. monierte, dass steigende Importe von Biokraftstoffen weiterhin zum Programm der Bundesregierung gehörten, obwohl die negativen Auswirkungen etwa des Anbaus von Soja auf die Tropenwälder bekannt seien. Der FDP-Abgeordnete Michael Kauch kritisierte die "schlampige“ Gesetzgebung der Bundesregierung. Es sei fraglich, ob die Nutzung von Biokraftstoffen im Verkehr klimapolitisch richtig sei. Im Bereich der Strom- und Wärmegewinnung sei die "Biomasse -Nutzung dreimal effizienter“.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel verteidigte die Klimapolitik
der Bundesregierung: Es entscheide nicht der Anteil der
Pflanzensprit-Beimischung darüber "ob der Schutz des
Regenwaldes verhindert oder befördert werde“. Wichtiger
seien "nationale, europaweite und internationale
Nachhaltigkeitskriterien“, auf die die Bundesregierung
dringe.
Am Donnerstag gab es auf Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD außerdem eine Aktuelle Stunde zum Thema „Aktuelle Lage in Tibet“.
Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt, forderte Tibeter und Chinesen auf, die Gewalt einzustellen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren: "Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass es zu einer politischen Lösung des Konfliktes über den Dialog keine vernünftige Alternative gibt“. Der FDP-Abgeordnete Florian Toncar kritisierte, dass bei der Vergabe der Olympischen Spiele "die Frage der Menschenrechte“ hinten angestellt worden sei. Für einen Boykott sei er zwar nicht, doch "Sportler sollten für Frieden, Respekt und Toleranz eintreten können, "ohne Konsequenzen zu spüren“.
Auch Michael Leutert (DIE LINKE.) sprach sich gegen einen Boykott aus. Das sei nur ein "Signal, dass der Dialog beendet ist“. Voraussetzung für echte Verhandlungen sei es; dass die„oppositionellen Tibeter die territoriale Integrität der Volksrepublik China anerkennen“.
Volker Beck (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) forderte dagegen,
"alle Möglichkeiten des Dialogs und des politischen Drucks zu
nutzen, um China dazu zu bewegen, mit dem Dalai Lama über eine
substanzielle Autonomie zu verhandeln.“ Holger Haibach (CDU/
CSU) plädierte für eine gemeinsame Haltung in Politik,
Sport und Wirtschaft. Wenn "Politiker wie die
Bundeskanzlerin“ nicht zur Eröffnungsfeier der
Olympischen Spiele gehen würden, dann sollten "prominente
Wirtschaftsvertreter“ das Gleiche tun.
Thema einer weiteren Aktuellen Stunde am Freitag war die "Haltung der Bundesregierung zur Tätigkeit deutscher Sicherheitskräfte in Libyen“. In der vergangenen Woche hatten Medien berichtet, deutsche Polizisten und Spezialeinheiten hätten zwischen 2005 und 2007 in Libyen Polizeikräfte ausgebildet. Mit dem Fall befasste sich am Mittwoch auch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Bundestages.
Der FDP-Abgeordnete Max Stadler sagte, die Beratungen im PKG hätten deutlich gemacht, dass es sich bei der „Libyen-Affäre nicht um eine BND-Affäre handele, sondern um Versäumnisse der Bundesregierung. Diese sei frühzeitig über den Fall informiert gewesen, habe aber weder den Bundestag informiert noch die betroffenen Landesregierungen. "Dies ist ein Rechtsverstoß“, kritisierte Stadler.
Wolfgang Neskovic von der Fraktion die LINKE. plädierte für "schärfere Gesetze und härtere Kontrollen“ der Sicherheitskräfte. „Wir müssen verhindern, dass bei diesem ‚schleichenden Export’ unsere Sicherheit verkauft wird". Auch Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN), forderte die Regierung zum Handeln auf. Wenn deutsche Polizisten ihr Know-How an Sicherheitskräfte in einem Staat wie Libyen weitergäben, sei das ein „Skandal“.
Der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann wehrte sich gegen die
Vorwürfe: „Die Bundesregierung habe das Agieren der
deutschen Polizisten „weder gewünscht, verursacht oder
gar gefördert“. Holger Haibach (CDU/CSU)
bekräftigte, das Verhalten der Sicherheitskräfte
müsse natürlich zu „dienstrechtlichen
Verfolgungen“ führen. Zudem solle man darüber
nachdenken, ob künftig die Kompetenzen des Parlamentarischen
Kontrollgremiums gestärkt werden sollten.
In Erster Lesung berieten die Parlamentarier am Donnerstag, dem 10. April 2008, über den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Rentenanpassung 2008. Dieser sieht vor, die Altersbezüge ab dem 1. Juli 2008 um 1,1 Prozent zu erhöhen.
Ebenfalls am Donnerstag debattierte der Bundestag über einen von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Verbesserung der Ausbildungschancen von förderungsbedürftigen jungen Menschen. Damit will die Regierung Unternehmen dazu bewegen, zusätzliche Ausbildungsplätze für benachteiligte Jugendliche zu schaffen.
Am Donnerstag, dem 10. April 2008, entschieden die Abgeordneten über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung wehrrechtlicher und anderer Vorschriften ( 16/7955), der die Grundlage für eine Anpassung und Modernisierung des Wehrrechts schaffen soll. BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN fordern in einem Antrag, Wehrpflichtige in Studium und Ausbildung vollständig vor einer Einberufung zu schützen und noch in diesem Jahr einen "Stufenplan zum Ausstieg aus der Wehrpflicht" vorzulegen ( 16/8044).
Am Freitag, dem 11. April 2008, verabschiedete der Bundestag zudem in namentlicher Abstimmung ein geändertes Stammzellgesetz. Künftig dürfen Wissenschaftler in Deutschland mit embryonalen Stammzellen forschen, die vor dem 1 Mai 2007 entstanden sind. Weitere fraktionsübergreifende Anträge hatten gefordert, den Stichtag zu streichen, beizubehalten oder die Forschung mit embryonalen Stammzellen grundsätzlich zu verbieten.
Im Anschluss daran stimmten die Parlamentarier am Freitag dem
Gesetzentwurf der Bundesregierung zu, mit dem Rechte des geistigen
Eigentums künftig besser durchgesetzt werden sollen (
16/5048). Die Änderungen betreffen unter
anderem das Patentgesetz, das Markengesetz und das
Urheberrecht.
Am Freitag, dem 11. April 2008, stand auch eine Debatte
über die Strategieplanung der EU-Kommission für das
kommende Jahr auf der Tagesordnung. In ihrer jährlich
vorgelegten Strategieplanung bestimmt die Kommission den Rahmen
für ihre politischen Prioritäten,
Schlüsselinitiativen und den dafür zur Verfügung
stehenden Finanzrahmen.
Am Donnerstag, dem 10. April 2008, beriet das Parlament über verschiedene Anträge. Sie wurden im Anschluss an die Beratungen an die zuständigen Fachausschüsse überwiesen.
Am Donnerstag Nachmittag diskutierten die Abgeordneten einen Antrag von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, der den Wettbewerb auf den Energiemärkten stärken will ( 16/8536). Unter anderem fordert die Fraktion, den Energieversorgern das Eigentum an den Transportnetzen für Strom und Gas zu entziehen.
Zum EU-Rahmenbeschluss über die Verwendung von Fluggastdaten zu Strafverfolgungszwecken hat die FDP-Fraktion einen Antrag vorgelegt. Darin lehnt sie den vorliegenden Beschluss des Europäischen Rates ab und unterbreitet einen eigenen Vorschlag, der unter anderem eine geringere Speicherdauer der Daten vorsieht ( 16/8115). Die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN lehnt die Speicherung von Fluggastdaten grundsätzlich ab ( 16/8199).
Am Freitag, dem 11. April 2008, stand außerdem ein Antrag
der FDP-Fraktion auf der Tagesordnung, der fordert, Teile der
EU-Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien nicht
umzusetzen (
16/8074). Die FDP kritisiert unter anderem,
dass die Richtlinie bestimme, wie die EU-Mitgliedstaaten
erneuerbare Energien zu fördern haben. In einem zweiten Antrag
plädiert die Fraktion dafür, den Vorschlag der
EU-Kommission zum Emissionshandel zu überarbeiten (
16/8075).
Am Donnerstag entschied der Bundestag über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Breitbandversorgung in ländlichen Gebieten ( 16/8381). Danach soll der Bedarf an schnellen Internetanschlüssen in den Kommunen evaluiert und stärker als bisher auf eine schnelle Vergabe von Funkfrequenzen hingewirkt werden.
In einem Antrag fordertzudem die FDP, existierende Vorschläge von Kommunen, Verbänden und Unternehmen auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen ( 16/7862). DIE LINKE. plädiert dafür, einen Anspruch für jeden Bürger auf einen Internetanschluss mit einer schnellen Übertragungsrate als Mindeststandard gesetzlich festzuschreiben. ( 16/8195). BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN fordern, die Bemühungen zu verstärken, eine Breitbandversorgung in allen Haushalten zu gewährleisten ( 16/8372). Zudem sollen verstärkt Mittel der Infrastrukturförderung für Gemeinden in dünn besiedelten und für eine Breitbandversorgung unrentablen Gebieten bereitgestellt werden.