Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch umfangreiche Änderungen an dem Entwurf der Bundesregierung für das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung ( 16/12254, 16/12525) vorgenommen, mit dem Bürger und Unternehmen in Milliardenhöhe steuerlich entlastet werden. Die Koalitionsfraktionen von Union und SPD stimmten dem Gesetzentwurf zu, die FDP-Fraktion war dagegen, während sich Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen enthielten.
Die Unionsfraktion erklärte, die Bürger würden um insgesamt 16 bis 17 Milliarden Euro entlastet, da die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung voll von der Einkommensteuer absetzbar seien. Besonders wichtig sei, dass Privatversicherte künftig die Beiträge für ihre Kinder absetzen könnten. Auch die Wirtschaft werde entlastet. Nach Ansicht der SPD-Fraktion geht es aber nicht darum, die Gegenfinanzierung der Unternehmensteuerreform rückgängig zu machen. Es würden einige Maßnahmen befristet verändert, damit Unternehmen besser durch die Krise kommen würden.
Die FDP-Fraktion kritisierte, dass die Koalition am Vorabend der Sitzung 18 Änderungsanträge zu dem Gesetzentwurf eingebracht habe. Der Zeitdruck sei unzumutbar. Die FDP-Fraktion warf der Koalition vor, bei der steuerlichen Absetzbarkeit von Vorsorgeaufwendungen zu kurz gesprungen zu sein. Die Maßnahmen für die Unternehmen seien nicht ausreichend und die Befristungen nicht überzeugend. Die Linksfraktion wies darauf hin, dass es sich bei der Absetzbarkeit der Versicherungsbeiträge um einen Rechtsanspruch der Bürger aufgrund eines Verfassungsgerichtsurteils handele und nicht um Wohltaten der Koalition. Die Umsetzung sei jedoch enttäuschend. So wäre die steuerliche Absetzbarkeit der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wünschenswert gewesen. Bündnis 90/Die Grünen begrüßten einige Änderungen, etwa beim Kindergeld und den Zuschüssen für Schulbedarf für Kinder aus bedürftigen Familien. Aber die steuerlichen Änderungen im Unternehmensbereich seien nicht krisentauglich. Die Fraktion bedauerte, dass private Steuerberatungskosten entgegen der Forderung des Bundesrates nicht abgesetzt werden könnten.
Nach dem Entwurf werden die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 2010 voll steuerlich absetzbar, soweit sie dazu dienen, ein "sozialhilferechtlich gewährleistetes Leistungsniveau" zu sichern. Das bedeutet, dass Beitragsanteile, die über eine Grundversorgung hinausgehen, etwa Beiträge für ein Einzelzimmer im Krankenhaus oder für Chefarztbehandlung, nicht berücksichtigt werden sollten. Per Änderungsantrag setzte die Koalition jetzt im Ausschuss durch, dass auch solche Beitragsanteile oder auch Beiträge für private Pflegeversicherungen absetzbar werden, soweit sie zusammen mit den anderen Krankenversicherungs- und Pflegebeiträgen die Summe von 1.900 Euro für Arbeitnehmer und 2.800 Euro für Selbstständige pro Jahr nicht überschreiten. Diese Veränderung soll besonders Arbeitnehmern mit niedrigen Einkommen zugute kommen. Bisher waren Versicherungsbeiträge bis zu einer Höhe von 1.500 Euro (Selbstständige: 2.400 Euro) als Sonderausgaben abzugsfähig. Auch die Vorsorgepauschale bei der Lohnsteuer wird erhöht, damit sich die erhöhte Absetzbarkeit bei den Arbeitnehmern sofort auf dem Lohnstreifen bemerkbar macht.
Volljährige Kinder können in Zukunft mehr verdienen, ohne dass die Eltern den Kindergeldanspruch verlieren. Der Betrag steigt von 7.680 auf 8.004 Euro. Die Auszahlung der neuen Leistung für Schulbedarf von Kindern aus Haushalten, die Hilfe zum Lebensunterhalt benötigen, wird ausgeweitet. Den bisher auf Schüler bis zur 10. Klasse beschränkten Jahresbetrag von 100 Euro gibt es künftig auch für Schüler der Jahrgangsstufen 11 bis 13.
Ein wichtiger Punkt der steuerlichen Entlastung der Unternehmen ist die von der Koalition per Änderungsantrag durchgesetzte Veränderung der Zinsschranke. Ziel dieser Schranke ist es, durch eine Beschränkung des Betriebskostenabzugs von Zinsen steuerschädliche Gestaltungen von Unternehmen zu verhindern. Durch Fremdfinanzierungen könnte sonst der in Deutschland steuerpflichtige Gewinn reduziert werden. Die zur Schonung kleinerer Unternehmen eingeführte Freigrenze bei der Schranke wird von einer auf drei Millionen Euro erhöht, gilt aber nur für Wirtschaftsjahre, die nach dem 25. Mai 2007 beginnen und vor dem 1. Januar 2010 enden. Die bei der Umsatzsteuer für kleinere Unternehmen mögliche Ist-Besteuerung wird ausgeweitet. Das heißt, dass die Unternehmen die den Kunden in Rechnung gestellte Umsatzsteuer erst an das Finanzamt entrichten müssen, wenn die Rechnung tatsächlich bezahlt worden ist. Die dafür maßgebliche Umsatzgrenze wird auf 500.000 Euro verdoppelt. Diese Maßnahme, mit der den Unternehmen zusätzliche Liquidität verschafft werden soll, soll schon zum 1. Juli dieses Jahres in Kraft treten, aber Ende 2011 wieder auslaufen.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Saskia Leuenberger
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Claudia Heine,
Sebastian Hille, Michaela Hoffmann, Michael Klein, Hans-Jürgen
Leersch, Johanna Metz, Annette Sach, Helmut Stoltenberg, Alexander
Weinlein