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Eine höhere Mindestsicherung für Kinder und Erwachsene haben die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke am Donnerstag, 25. Februar 2010, im Bundestag gefordert. In einer Debatte über die Konsequenzen aus dem Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar befasste sich das Parlament mit zwei entsprechenden Anträgen der Oppositionsfraktionen. Die Grünen plädieren in ihrem Antrag ( 17/675) dafür, den Regelsatz für Erwachsene auf 420 Euro zu erhöhen. Außerdem solle künftig eine unabhängige Kommission über die Höhe der Sätze entscheiden. Beide Initiativen werden nun in den Ausschüssen weiterberaten.
Die Linksfraktion fordert in ihrer Initiative die Abschaffung von Hartz IV ( 17/659). Sie will mit einer "bedarfsgerechten und sanktionsfreien Mindestsicherung" Armut verhindert. Die Regelleistungen für Erwachsene sollen dabei 500 Euro betragen. Wohnkosten sind hierin nicht eingerechnet.
In einem Urteil hatte das Bundesverfassungsgericht jüngst die Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene und Kinder für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, die Berechnungsgrundlage der Sätze bis zum 1. Januar 2011 neu zu regeln.
Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) nahm in ihrer Rede Stellung zu den jüngsten Äußerungen aus den Reihen der Opposition, denen zufolge das Sozialstaatsprinzip gefährdet sei. Die Ministerin stellte klar: "Die Bundesregierung steht für den verlässlichen und lebendigen Sozialstaat. Es ist ein Gütesiegel der sozialen Marktwirtschaft, dass wir Menschen nicht aufgeben, sondern denen, die in eine Notlage geraten, Perspektiven geben."
Doch müsse man hierbei auch neue Wege gehen. Es könne hierbei nicht allein um Geldleistungen gehen. "Wir müssen neue Akzente setzen in der Zuwendung und frühen Förderung von Kindern", so von der Leyen. "Sachleistungen und Dienstleistungen von Mensch zu Mensch: das ist der Auftrag der Zukunft."
Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen) mahnte in seiner Rede, die nötigen Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu ziehen. Die Bedarfsermittlung müsse den Realitäten angepasst werden. "Wer glaubt, dass 15 Euro monatlich für eine Busfahrkarte ausreichen, ist schon lange nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren", so Kurth.
Kinder dürften bei der Ermittlung nicht wie kleine Erwachsene behandelt werden. Der sozialpolitische Sprecher der Grünen plädierte für mehr Spielraum bei der Bedarfsberechnung für Kinder: "Wir brauchen faire und gerechte Öffnungsklauseln für besondere Situationen."
Die Bundesregierung warnte er vor "Tricksereien" bei der Umsetzung des Urteils. "Es gibt zahlreiche Anzeichen", so Kurth, "dass CDU/CSU und FDP die Forderungen des Gerichts zu umgehen versuchen." So dürfe man Sachleistungen nicht gegen Geldleistungen ausspielen, sagte Kurth: "Musische Bildung ersetzt keinen Wintermantel."
Karl Schiewerling von der CDU/CSU-Fraktion erinnerte an die Absicht der Hartz-Gesetze: "Sicherstellen, dass kein Mensch in Armut fällt." Doch müsste auch jeder das tun, was er kann, um sich und seine Familie mit selbstverdientem Geld zu versorgen. Es gelte nach wie vor das Prinzip des Förderns und Forderns.
Schiewerling kündigte an, die Koalition werde das Urteil konsequent umsetzen. Im Kern gehe es um die Frage, in welchen Lebenssituationen sich die einzelnen Menschen befinden, die von Sozialleistungen leben. "Wir müssen genau hinschauen, differenziert antworten und differenziert helfen", sagte der CDU-Politiker.
Anette Kramme (SPD) erneuerte in ihrer Rede die Forderungen ihrer Fraktion nach einem gesetzlichen Mindestlohn. "Menschen sollen nicht jede Tätigkeit unabhängig von ihrer Bezahlung annehmen müssen." Indem Westerwelle auf Arbeitslose einschlage, lenke er von der Tatsache ab, dass die Löhne und Gehälter zu niedrig seien.
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Heinrich Kolb warf der SPD im Gegenzug vor, mit den Angriffen auf den Vizekanzler von der "erheblichen Schuld an dem Hartz-Desaster" ablenken zu wollen: "Es ist ihr Gesetzentwurf, der in Karlsruhe gescheitert ist."
Kolb stellte zudem klar, dass die FDP nicht für Kürzungen der Regelsätze eintrete. "Aber die Leistungen, die wir gewähren, müssen im Bewusstsein in Anspruch genommen werden, dass man sich schnell wieder aus dem Transferbezug befreien muss."
Als eine "Ohrfeige" an alle übrigen Fraktionen bezeichnete Klaus Ernst (Die Linke) das Karlsruher Urteil. "Sie haben ein verfassungsfeindliches Gesetz gemacht". Die Regierung müsse nun ihre Hausaufgaben machen statt auf Arbeitslose einzuprügeln. "Die Leistungsverweigerer leben in Deutschland nicht von Hart -IV", so der designierte Chef der Linkspartei: "Die Leistungsverweigerer sind die Steuerhinterzieher und Spekulanten."