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Mit einem eigenen Antrag will die SPD-Fraktion gegen Auswüchse in der Leiharbeit angehen. "Missbrauch in der Leiharbeit hat zu Lohndumping und einer Zunahme prekärer Beschäftigung geführt", heißt es in einem Antrag ( 17/4189), über den der Bundestag am Donnerstag, 24. Februar 2011, ab 14.55 Uhr rund 60 Minuten debattieren will. Die SPD verlangt die Durchsetzung gleicher Arbeitsbedingungen und eine gleiche Bezahlung für Stammbelegschaft und Leiharbeiter. Dafür sollen Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) vorgenommen werden. Besonderen Handlungsbedarf sieht die SPD-Fraktion in Bezug auf die volle Umsetzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Europäischen Union, die am 1. Mai 2011 in Kraft tritt. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat bereits empfohlen, den Antrag abzulehnen ( 17/4756).
"Das AÜG verhindert Lohndumping in der Leiharbeit nicht", schreiben die SPD-Abgeordneten. Es sehe zwar vor, dass für Stammbelegschaft und Leiharbeiter für die Zeit der Überlassung die im entleihenden Betrieb geltenden Arbeitsbedingungen ("equal treatment") einschließlich des Arbeitsentgelts ("equal pay") zu gelten haben. Allerdings gestatte das Gesetz auch Abweichungen durch allgemeine Tarifverträge oder Abweichungen durch einen Leiharbeitstarifvertrag.
Deshalb müsse der Grundsatz "Gleiches Geld für gleiche Arbeit" ohne Einschränkung umgesetzt werden. Daneben müsse ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn festgesetzt werden, um eine untere Lohngrenze in verleihfreien Zeiten zu gewährleisten. Die SPD-Fraktion verweist dabei auf den von ihr eingebrachten Antrag "Missbrauch in der Leiharbeit verhindern" ( 17/1408).
Im Detail verlangen die SPD-Abgeordneten Änderungen der Dauer der Entleihung, die, wie auch in der europäischen Leiharbeitsrichtlinie festlegt, nur "vorübergehend" sein darf. Wenn ein Leiharbeiter länger als ein Jahr in einem Unternehmen beschäftigt sei, dann bestehe Bedarf an einer dauerhaften Beschäftigung, heißt es in dem Antrag. Deshalb fordert die SPD-Fraktion: "Diese Höchstüberlassungsdauer von einem Jahr ist gesetzlich festzulegen".
Außerdem müssten Leiharbeitskräfte auch in Zeiten ohne Arbeitseinsatz weiter in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und entlohnt werden. Betriebsräte in den Entleihbetrieben bräuchten zudem wirksame Mitbestimmungsrechte für die in ihrem Betrieb eingesetzten Leiharbeitskräfte.
Zudem sei die Einschränkung des Anwendungsbereichs auf nur gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, das heißt auf Arbeitnehmerüberlassung mit Gewinnerzielungsabsicht, nach der europäischen Leiharbeitsrichtlinie nicht gerechtfertigt und müsse aufgehoben werden. Die SPD-Fraktion verlangt weiter, dass Leiharbeiter nicht in Betrieben eingesetzt werden dürfen, die von rechtmäßigen Arbeitskampfmaßnahmen betroffen sind.
Die Zahl der Leiharbeiter steigt in Deutschland stetig. Derzeit setzen rund 42.600 Unternehmen auf den Einsatz von Leiharbeitern. Nach einer Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft waren im September 2010 knapp 800.000 Menschen über einen Zeitarbeitsvertrag beschäftigt, so viele wie noch nie. Die Zahl der Beschäftigten in der Leiharbeit hat sich von 2003 bis Sommer 2008 etwa verdoppelt.
Auf die zunehmende Zahl von Missbrauchsfällen bezieht sich die SPD in ihrem Antrag. "Leiharbeit wird wegen der niedrigen Löhne von den Einsatzbetrieben häufig zur Lohnkostensenkung genutzt, indem die Stammbelegschaften reduziert und stattdessen Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer eingesetzt werden", heißt es in dem Antrag. Bundesweit ersetzte gut ein Viertel der Betriebe Stammbeschäftigte durch Leiharbeiter.
Ein besonderes Problem der Leiharbeit ist nach Einschätzung der Antragsteller die geringe Entlohnung. So sei jeder achte Leiharbeiter trotz Vollzeittätigkeit auf ergänzende staatliche Unterstützung angewiesen. Zwischen Mai 2008 und Mai 2009 wurden 531 Millionen Euro als Grundsicherungszuschüsse an Leiharbeiter gezahlt. Nicht erfüllt hat sich zudem die Erwartung, dass Leiharbeit eine Brücke in eine reguläre Beschäftigung bietet.
Mehr als die Hälfte aller Leiharbeitsverhältnisse dauert zudem keine drei Monate.
Für männliche Leiharbeitnehmer besteht nach einer Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung ein im Vergleich zu regulär Beschäftigten 3,1 Mal höheres Risiko, nach einem Jahr arbeitslos zu sein, für weibliche Leiharbeiter ein um 3,6 Mal höheres Risiko.
Gegenstand der Debatte sind in erster Lesung zudem ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur "Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung" ( 17/4804) sowie ein Gesetzentwurf der Linksfraktion zur strikten Regulierung der Arbeitnehmerüberlassung ( 17/3752).
Die Regierung will mit ihrer Initiative die Arbeitnehmer wirksam vor Dumpinglöhnen schützen. Insbesondere soll es nicht mehr zulässig sein, Arbeitnehmer zu entlassen, um sie anschließend als Leiharbeiter wieder einzustellen. Die Linke zielt darauf ab, Leiharbeit streng zu regulieren und zu begrenzen. (sn)