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Das Verfahren wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von dem Engländer Thomas Hare vorgeschlagen und schon für die Besetzung der Ausschüsse im Reichstag verwendet. Im Jahr 1970 brachte der Mathematiker Horst Niemeyer beim Bundestagspräsidenten dieses Verfahren in Erinnerung, das daraufhin vom Deutschen Bundestag für die Besetzung der Ausschüsse und Gremien beschlossen wurde und bis zum Ende der 8. Wahlperiode im Einsatz war.
Für die Bundestagswahlen wird seit der 11. Wahlperiode dieses Verfahren für die Umsetzung der Zweitstimmen in Sitze aus den Landeslisten der Parteien angewendet.
Die Anteile der Parteien im abgeleiteten Gremium werden in zwei Schritten berechnet:
Im ersten Schritt werden jeweils die Anteile der Parteien in der Ausgangsmenge mit der Gesamtstärke des abgeleiteten Gremiums multipliziert und durch die Gesamtstärke des Ausgangsgremiums dividiert. Dies entspricht der streng proportionalen Berechnung im Dreisatzverfahren (s. Beispiel 1).
Im zweiten Schritt werden die sich im ersten Schritt ergebenden - in der Regel nicht ganzzahligen - Stärken aufgespalten in ihren ganzzahligen Anteil und den Rest, welcher naturgemäß kleiner als 1 ist.
Die so ermittelten ganzzahligen Anteile werden den Parteien vorab zugeschrieben. Dabei wird, wenn nicht zufällig alle Reste Null sind, mit der Summe der ganzzahligen Anteile noch nicht die gewünschte Summe des abgeleiteten Gremiums erreicht. Die fehlenden, noch zu vergebenden Anteile werden den Parteien in der Reihenfolge der Größen der beim ersten Schritt entstandenen Reste zugeteilt.
Beispiel 2: (Fortführung des Beispiels 1)
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Das Verfahren hat den Vorteil, dass es sich - zumindest in seinem ersten Schritt - der proportionalen Rechnung bedient und damit in seiner Anwendung durchschaubar ist und plausibel erscheint.
Dessen ungeachtet kann das Verfahren insbesodere bei kleinen Anteilen zu erheblichen Abweichungen von der Proportionalität führen.
Wenn mehr Reste identisch sind, als noch Anteile anhand der Reste zu vergeben sind, liegt eine Mehrdeutigkeit vor, für die das Verfahren keine Lösung anbietet.
Das Verfahren nach Hare/Niemeyer berechnet eine Verteilung der Anteile für eine einzige vorgegebene Summe des abgeleiteten Gremiums (im obigen Beispiel für die Summe 47). Will man nicht nur die Zusammensetzung der vorgegebenen Summe aus Anteilen der einzelnen Parteien, sondern auch eine Reihenfolge bestimmen, in welcher diese Anteile zustande kommen, so muss das Verfahren mehrfach angewendet werden: man muss die Berechnungen jeweils für vorgegebene Summen von 1, 2, 3, .... bis zum gewünschten Endwert der Reihe durchführen.
Dies wäre an sich noch kein Nachteil des Verfahrens von Hare/Niemeyer für die Bestimmung einer Reihenfolge. Tatsächlich können jedoch beim Aufbau der Endsumme des abgeleiteten Gremiums aus den Berechnungen für die verschiedenen Zwischengrößen Rücksprünge, sogenannte "unlogische Sprünge" auftreten. Bei diesen wird, wenn man zu einem nächstgrößeren Gremium in der Berechnung fortschreitet, einer Partei ein Sitz, der ihr schon zugeteilt war, wieder entzogen.
Solche Fälle treten in Fortführung des Beispiels 1 unter anderem beim 17. Platz (also zwischen Gremien mit der Summe 16, 17 und 18) auf, wie das folgende Beispiel zeigt.
Beispiel 3: (Fortführung des Beispiels 2, mit den Ausgangswerten von Beispiel 1. Siehe auch Musterberechnung am Ende des Papiers)
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Partei C hätte in diesem Beispiel also in einem Gremium der Stärke 16 bereits 2 Sitze, in einem (größeren!) Gremium der Stärke 17 dagegen nur 1 Sitz.
Es versteht sich, dass eine Reihenfolge an solchen Rücksprung-Stellen durch das Verfahren nicht festgelegt wird.
Doch, auch wenn man sich auf die Zusammensetzung eines Gremiums beschränkt, ist das Vorkommen solcher Rücksprünge als Nachteil des Verfahrens anzusehen. So empfiehlt es sich bei jeder Berechnung nach diesem Verfahren, auch eine Rechnung für ein um Eins kleineres Gremium auszuführen. Nur so kann festgestellt werden, ob etwa ein unlogischer Sprung gerade für die Endsumme des zu besetzenden Gremiums auftritt - ein Ergebnis, mit dem die so benachteiligte Partei schwerlich einverstanden wäre.