Expertenrat zur Kohlendioxidspeicherung gefragt

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Mit einer Anhörung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit unter Vorsitz von Eva Bulling-Schröter (Die Linke) setzt der Bundestag die parlamentarische Beratung der gesetzlichen Regelung einer Erprobung der umstrittenen unterirdischen Kohlendioxidspeicherung fort. Den auf eine Zulassung solcher Tests zielenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/5750) und einen Gesetzentwurf der Linksfraktion (17/5232), die ein Verbot dieser Technik fordert, hat der Bundestag bereits in erster Lesung beraten. Die Anhörung zum sogenannten CCS-Verfahren (CCS steht für Carbon Capture and Storage) mit sechs Sachverständigen beginnt am Montag, 6. Juni 2011, um 9.30 Uhr im Europasaal 4.900 des Paul-Löbe-Hauses in Berlin. Sie wird live im Parlamentsfernsehen und im Web-TV auf www.bundestag.de übertragen.

Ein Rechtsrahmen für Tests

Bei CCS wird Kohlendioxid, das in fossil betriebenen Kraftwerken und in Industriefirmen wie der Stahl- und Zementbranche anfällt, von anderen Substanzen getrennt und verflüssigt, per Lastwagen oder über Pipelines zu unterirdischen Deponien transportiert und dort verpresst.

Die Regierung will mit ihrem Gesetz einen Rechtsrahmen für Tests schaffen: Herausgefunden werden soll, ob CCS in großtechnischem Maßstab funktioniert, ob die unterirdische Lagerung sicher zu handhaben ist und ob diese Technik wirtschaftlich gemanagt werden kann. Als geeignet für eine langfristige Lagerung gelten ausgebeutete Erdgasfelder sowie salzwasserführende tiefe Gesteinsschichten. Solche Speicher sind in erster Linie in Norddeutschland zu finden.

Weitreichende Bürgerbeteiligung vorgesehen

Im brandenburgischen Jänschwalde plant Vattenfall ein größeres CCS-Demonstrationskraftwerk, in das der Energiekonzern 1,5 Milliarden Euro investieren will. Verabschiedet der Bundestag eine CCS-Regelung und setzt damit eine EU-Vorgabe um, so ist mit Zuschüssen in Höhe von 180 Millionen aus Brüssel für dieses Vorhaben zu rechnen. Die Landesregierung in Potsdam stand der CCS-Erforschung bislang positiv gegenüber.

Nach Meinung von Union und FDP kann CCS verhindern, dass Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangt und dort zur Klimaerwärmung beiträgt. Ohne CCS sei eine spürbare Reduzierung der Kohlendioxidemissionen bis 2050 nicht zu schaffen. Aus Sicht der Koalition sind höchste Sicherheitsstandards bei den Tests garantiert. Vorgesehen sei eine weitreichende Bürgerbeteiligung.

Differenzierte Haltung der SPD

Laut Umweltminister Dr. Norbert Röttgen (CDU) öffnet sich Deutschland mit CCS einer "international beachteten Klimaschutzoption, die als Exportprodukt auch ökonomisch von großer Bedeutung sein kann".

Die SPD nimmt zu CCS eine differenzierte Haltung ein. Abgelehnt wird diese Technik bei fossil betriebenen Kraftwerken, da CCS erst in einigen Jahrzehnten in großem Stil einsetzbar sei - und dann sollen diese Kraftwerke vom Netz sein. Die SPD spricht sich jedoch dafür aus, CCS im industriellen Bereich zu erproben.

Grüne: Probleme werden nur verlagert

Aus Sicht der Grünen werden durch CCS keine Probleme gelöst, sondern nur verlagert. Wenn diese Technik angewandt werden könne, seien erneuerbare Energien bereits marktfähig.

Prinzipiell auf Gegenkurs zu CCS geht mit ihrem Gesetzentwurf die Linksfraktion, die vor Risiken für Leben, Gesundheit und Umwelt warnt. Ein Verbot von CCS ermögliche eine Energieversorgung, "ohne nachfolgenden Generationen eine schwerwiegende ökologische und wirtschaftliche Erblast zu hinterlassen".

Linke fürchtet neues Endlagerproblem

Für die Linksfraktion ist CCS "gefährlich und teuer" und führt zu einem "neuen Endlagerproblem". Diese Technik solle dazu dienen, die Ära der Kohleverstromung zu verlängern.

Umstritten ist CCS auch zwischen Umweltverbänden. Nach Auffassung des Öko-Instituts kann die Kohlendioxidspeicherung einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Während der Plenardebatte im Bundestag wies die Union darauf hin, dass auch nach Meinung des Naturschutzverbandes WWF an der Erprobung von CCS kein Weg vorbeiführe und dass diese Technik besonders in Ländern wie China und Indien eine wichtige Rolle spielen könne.

Greenpeace spricht von Sackgassentechnologie

Greenpeace hingegen lehnt CCS als "Sackgassentechnologie" ab. Die Organisation befürchtet Risiken für das Grundwasser und sieht die Gefahr, dass Kohlendioxid durch undichte Gesteinsschichten möglicherweise ins Freie gelangen kann.

Besonders umstritten im Gesetzentwurf der Regierung ist die sogenannte "Länderklausel". Vor allem auf Druck Schleswig-Holsteins und Niedersachsens wurde eine Regelung aufgenommen, wonach die Länder mit fachlicher Begründung selbst entscheiden können, welche Gebiete sie für CCS-Demonstrationsprojekte bei der Kohlendioxidspeicherung zulassen und welche nicht.

Länderklausel sorgt für Konfliktstoff

Diese Bestimmung stößt bei der Regierung in Potsdam auf heftige Kritik, weil so einzelne Länder ganz aus der CCS-Erforschung aussteigen könnten. Im Regierungslager werden auch bei der FDP solche Vorbehalte laut.

Für Konfliktstoff sorgte die Länderklausel auch bei der ersten Lesung der Regierungsvorlage im Bundesrat, der einem CCS-Gesetz zustimmen muss. Brandenburg und Sachsen scheiterten in dieser Sitzung jedoch mit dem Versuch, die Länderklausel aus dem Entwurf zu eliminieren.

Bürgerproteste gegen Kohlendioxidspeicher

Damit sieht es momentan so aus, als werde Brandenburg als einziges Bundesland die CCS-Technik erproben.

Offen ist, ob die Regierung in Potsdam sich unter diesen Bedingungen zu einem solchen Schritt entschließen wird, zumal es ähnlich wie in Schleswig-Holstein auch in Brandenburg Bürgerproteste gegen Kohlendioxidspeicher gibt. (kos)

Zeit: Montag, 6. Juni 2011, 9.30 bis 11.45 Uhr
Ort:  Berlin, Paul-Löbe-Haus, Europasaal 4.900

Interessierte Besucher können sich beim Sekretariat des Ausschusses (Telefon: 030/227-37245, Fax: 030/227-36250, E-Mail: umweltausschuss@bundestag.de) unter Angabe des Namens, Geburtsdatums und der Personalausweis- oder Reisepassnummer anmelden. Zur Sitzung muss das Pesonaldokument mitgebracht werden.

Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anmelden.

Liste der geladenen Sachverständigen