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Der Bundestag hat am Dienstag, 22. November 2011, im Anschluss an die abschließende Debatte zum Einzelplan 07 des Justizministeriums im Bundeshaushalt 2012 (17/6600, 17/6602, 17/7107, 17/7123) in zweiter Beratung die Mittel für "Härteleistungen für Opfer extremistischer Übergriffe" um 500.000 Euro auf eine Million Euro angehoben. Das Plenum folgte einstimmig einem entsprechenden Änderungsantrag von CDU/CSU und FDP (17/7815, 17/7873). Insgesamt stehen dem Ressort rund 508 Millionen Euro zur Verfügung. Damit ist der Haushalt (Einzelplan 07) von Bundesministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) der kleinste Etat und der wirtschaftlichste aller Ministerien.
Das Plenum stimmte über den Justizetat und den Haushalt des Bundesverfassungsgerichtes (17/7124) ab: Der Justizetat wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP, der Haushalt des Verfassungsgerichts einstimmig angenommen. Zudem nahm der Bundestag einen weiteren Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen (17/7826, 17/7873) an, durch den der Haushaltstitel "Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie" um zwei Millionen Euro auf 29 Millionen Euro angehoben wird. Dieser Haushaltstitel betrifft allerdings das Bundesfamilienministerium, der Antrag wurde wegen des Sachzusammenhangs zu den Leistungen für Opfer extremistischer Übergriffe an dieser Stelle mit abgestimmt. Zwei weitere Änderungsanträge (17/7782, 17/7783) der Linksfraktion wurden abgelehnt.
Doch Ewald Schurer (SPD) kritisierte mit Blick auf die aktuellen Geschehnisse um die rechtextreme Terrorzelle aus Zwickau, dass die von der Union betriebene Zusammenlegung der Härteleistungen 2010 für Opfer extremistischer Übergriffe falsch war. Die CDU/CSU habe das gegen die Meinung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen durchgesetzt, „was ich politisch grundfalsch halte“.
Dass die Regierung mit einem Antrag den nach der Bereinigungssitzung im Grunde festgezerrten Entwurf nun um 500.000 Euro auf eine Million erhöhen wolle, sei hingegen „löblich“.
Stephan Thomae (FDP) nahm Kritik auf und entgegnete, dass die bisherige Unterscheidung zwischen links- und rechtsextremen Übergriffen nicht falsch war. „Ich bin der Meinung, dass Übergriffe für die Opfer immer gleich schlimm sind, egal von wem sie ausgehen“, sagte er. Deshalb solle im Bereich des justiziellen Ausgleichs eine solche Unterscheidung nicht getroffen werden.
Die Mittel seien nur abgesenkt worden, weil sie in den zurückliegenden Jahren nicht abgerufen wurden. 2010 seien es lediglich 8.000 Euro gewesen. „Unter dem Eindruck der Erkenntnisse der letzten Tage und Wochen werden wir mit dem Änderungsantrag, der Ihnen vorliegt, den Ansatz wieder auf eine Million Euro, also wie im laufenden Haushalt 2011, erhöhen.“ Diese Anhebung sei angemessen und ausreichend.
Jens Petermann (Die Linke) war ein Dorn im Auge, dass es mittlerweile Usus sei, dass die Verfassungsrichter zunehmend dem Deutschen Bundestag „eklatante Versäumnisse bei Gesetzgebungsverfahren“ ins Stammbuch schreiben würden. Weil die Regierung unsauber arbeite, würde das Verfassungsgericht über Gebühr beansprucht. „Da ist normalerweise der Ruf nach mehr Personal und einem dritten Senat unvermeidlich“, sagte er.
Der vergleichsweise bescheidene Etat von fast 30 Millionen Euro solle erweitert werden, weil jährlich rund 6.500 Verfahren nur von 16 Richtern bewältigt werden müssen. „Dieser Umstand führte in der Vergangenheit schon öfter zu Verurteilungen wegen überlanger Verfahrensdauer vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und für die Betroffenen zu Entschädigungszahlungen.“
Hinsichtlich der Extremismusdebatte fügte Petermann hinzu, dass die Justizministerin dafür sorgen solle, dass die „Verfassungsschutzämter nie wieder Neonazi-Strukturen durch Einsatz von Spitzeln finanzieren und einer solch monströsen Mordserie, wie sie gerade ans Tageslicht gekommen ist, Vorschub leisten“ dürfen. „Setzen Sie sich insbesondere für den sofortigen Abzug aller V-Leute aus der rechten Szene ein.“
Alexander Funk (CDU/CSU) erwiderte darauf, dass wer „jetzt dem Verfassungsschutz pauschal unterstellt, er trage Mitverantwortung für die Verbrechen der Rechtsextremen, macht es sich ungeachtet aller heute bereits erkennbaren und völlig unverständlichen Pannen und Versäumnisse zu leicht“. So bequem es auch sein möge, einen Prügelknaben gefunden zu haben: „Terrorismus hat in diesem Land generell keinen Platz, egal wie er begründet wird.“
Funk stellte klar, dass der Opferfonds angesichts der Morde notwendig ist, um Opfern dieser Übergriffe und ihren Hinterbliebenen Hilfe zukommen zu lassen. „Daher belassen wir diesen Titel bei dem, was im vergangenen Jahr veranschlagt war: bei einer Million Euro.“ Die Koalition setze damit ein Zeichen für die Ächtung solcher Taten. Aber: „Auch hier gilt nach meiner Überzeugung, dass Härteleistungen den Opfern von Links- wie von Rechtsextremisten zustehen.“ Funk sie nicht bereit, eine „Zwei-Klassen-Opfer-Gesellschaft“ zu fördern.
Eine Umbenennung des Opferfonds forderte Ingrid Hönlinger (Bündnis 90/Die Grünen), denn der bisherige Titel sei irreführend: „Wir sollten an dieser Stelle Klarheit schaffen und zum bisherigen Haushaltstitel zurückkehren; denn dieser Titel beinhaltet eine klare Botschaft, die lautet: Härteleistungen an Opfer rechtsextremistischer Übergriffe.“
Sie goutierte aber, dass die Bundesregierung im Haushaltsplan für das kommende Jahr das Budget für diesen Haushaltstitel nicht mehr kürzen wolle. „Das ist gut so“, sagte Hönlinger, denn das Signal, das davon ausgehe, sei wichtig für Demokraten, aber auch für die Rechtsextremisten. (eis)