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Wie soll in Zukunft unser Gesundheitssystem finanziert werden? Ist die von Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) bevorzugte Gesundheitsprämie, auch Kopfpauschale genannt, der Schlüssel zur Lösung? Oder eher die von der Opposition bevorzugte Bürgerversicherung? Diese Fragen werden voraussichtlich im Mittelpunkt der Debatte am Freitag, 7. Mai 2010, stehen, wenn ab 11.10 Uhr 90 Minuten lang über eine Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Einführung einer Kopfprämie in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) (17/865) und einen Antrag der Linksfraktion (17/1238), der die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung fordert, diskutiert wird.
Abstimmen wird der Bundestag über einen weiteren Antrag der Linksfraktion (17/240), die sich gegen eine Kopfpauschale für eine solidarische Krankenversicherung ausspricht, und über einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/258), die sich für eine soldarische und nachhaltige Finanzierung des Gesundheitswesen stark machen. In beiden Fällen hat der Gesundheitsausschuss Ablehnung empfohlen (17/1605, 16/1606).
Röslers Pläne sehen vor, dass zukünftig die Arbeitnehmer einheitliche, einkommensunabhängige Beiträge zahlen sollen. Wem dies nicht möglich sei, dem werde nach den auch im Koalitionsvertrag von Union und FDP enthaltenen Vorstellungen ein Steuerzuschuss gewährt.
Gleichzeitig werde der Arbeitnehmeranteil an den Kosten festgeschrieben, um eine "Entkopplung der Gesundheitskosten von den Lohnzusatzkosten" zu erreichen, wie es im Koalitionsvertrag heißt. Wie nun genau die Vorhaben umgesetzt werden sollen, wird von einer hochrangigen Regierungskommission, bestehend aus den Ministern Dr. Thomas de Maizière (CDU, Inneres), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP, Justiz), Dr. Wolfgang Schäuble (CDU, Finanzen), Rainer Brüderle (FDP, Wirtschaft), Dr. Ursula von der Leyen (CDU, Arbeit und Soziales), Ilse Aigner (CSU, Ernährung) und Dr. Kristina Schröder (CDU, Familie) unter Vorsitz des Bundesgesundheitsministers untersucht.
Aus Sicht der SPD arbeitet diese Regierungskommission jedoch "gegen die Interessen der Menschen in Deutschland", wie Generalsekretärin Andrea Nahles sagt. Die Bürger wollten ein solidarisches Gesundheitssystem, in dem die Kosten für Gesundheit gerecht auf alle Schultern verteilt würden.
Im Übrigen, so kritisiert die SPD-Fraktion in ihrer Großen Anfrage, sei völlig ungeklärt, wie der von Rösler angekündigte Sozialausgleich, der nach Aussage des Bundesgesundheitsministers "automatisch" erfolgen soll, funktionieren könne. "Wie diese Automatik aussehen soll, wer sie in Gang setzt und wer die Ergebnisse umsetzt, ist nicht einmal in Ansätzen geklärt", schreibt die Fraktion.
Die Bundesregierung habe bisher "auch nur grobe Einschätzungen über die finanzielle Be- und Entlastung der Versicherten, den bürokratischen Aufwand und die damit verbundenen Mehrkosten für den Sozialausgleich sowie die künftige Entwicklung der Kosten für die Versicherten nicht vorlegen können", kritisiert die SPD-Fraktion.
In ihrer Großen Anfrage erkundigt sie sich daher unter anderem danach, wie viele GKV-Versicherte in den vergangenen beiden Jahren mit einer Kopfpauschale mehr bezahlt hätten als bei der derzeitigen Finanzierung über einkommensabhängige Beiträge. Die Parlamentarier fragen zudem, welche Summe in den Jahren 2008 und 2009 jeweils für den Sozialausgleich notwendig gewesen wäre und wie dies über eine Änderung des Einkommensteuertarif oder die Umsatzsteuer zu finanzieren gewesen wäre.
Ferner erkundigen sie sich, ob der Gesamtversichertenbeitrag künftig im Rahmen des Quellenabzugs wie bisher direkt vom Gehalt oder der Rente oder von der Bundesagentur für Arbeit abgeführt wird.
Die Linksfraktion lehnt ebenso wie die Sozialdemokraten die Regierungspläne ab. Die von Union und FDP geplante "Kopfpauschale" löse kein einziges Problem, sondern schaffe nur neue, heißt es in dem Antrag der Linken.
Die Fraktion plädiert daher für die Einführung einer "solidarischen Bürgerversicherung". Diese solle allen Menschen eine "umfassende, zuzahlungsfreie Gesundheitsversorgung unabhängig vom Wohnort, Einkommen, Alter, Geschlecht oder Aufenthaltsstatus" garantieren.
Auch das bisherige System der Kranken- und Pflegeversicherung kritisiert Die Linke als ungerecht. Kostensteigerungen im derzeitigen System müssten größtenteils von Arbeitnehmern allein getragen werden, die Arbeitgeber würden dagegen geschont, schreibt die Fraktion. Dies sei unsolidarisch und werde den veränderten volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht gerecht.
Die Linke fordert deshalb ein "Konzept, das eine dauerhafte stabile Finanzierungsgrundlage für die Kranken- und Pflegeversicherung schafft und das Solidarprinzip stärkt".
Nach den Vorstellungen der Fraktion sollen alle Menschen, die in Deutschland lebe", Mitglieder der neuen Versicherung werden - auch bisher privat Versicherte wie Politiker, Selbstständige und Beamte. Die Pflichtversicherungsgrenze solle zu diesem Zweck abgeschafft werden.
Bei der Berechnung des Beitrags, den alle Mitglieder nach ihrer individuellen Leistungsfähigkeit zahlen sollen, sollten grundsätzlich alle Einkommen aus unselbstständiger und selbstständiger Tätigkeit sowie alle Einkommensarten wie Kapital-, Miet- und Pachterträge einbezogen werden.