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Die Haushaltspolitiker der CDU/CSU-Fraktion wollen während den laufenden Beratungen des Haushalts 2011 die Neuverschuldung weiter senken. Dies betont der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion, Norbert Barthle, in einem am Montag, 20. September 2010, erschienenen Interview mit der Wochenzeitung "Das Parlament". Die Nettokreditaufnahme dürfe 2011 auf jeden Fall nicht höher liegen als 2010. Für dieses Jahr erwartet der 58-jährige Unionspolitiker aus Schwäbisch Gmünd eine Neuverschuldung von rund 55 Milliarden Euro. Das Interview im Wortlaut:
Herr Barthle, auf den Haushaltsausschuss kommt in den kommenden Monaten viel Arbeit zu: Die Regierungsentwürfe für den Haushalt 2011 und für das Haushaltsbegleitgesetz müssen beraten werden. Der Etat sieht Ausgaben von 307,4 Milliarden Euro und eine Neuverschuldung von 57,5 Milliarden Euro vor. Machen Ihnen die Zahlen keine Angst?
Angst machen mir die Zahlen keine. Aber was die exorbitant hohe Neuverschuldung anbelangt, kann einem dies durchaus Magengrimmen verursachen. Dazu muss man aber sagen, dass wir während der tiefsten Finanz- und Wirtschaftskrise, die wir jemals durchlebt haben, viel getan haben, um möglichst gut und sicher durch das tiefe Tal zu kommen. Dies ging nahezu ausschließlich zulasten neuer Schulden. Es hat sich aber im Nachhinein als richtig erwiesen.
Wo setzt die Regierung im Etat 2011 die richtigen Akzente?
Die Regierung hat einen Entwurf vorgelegt, den wir Haushälter auch nach der ersten Lesung im Bundestag in der vergangenen Woche sehr begrüßen. Denn auch wir wollen, wie der Finanzminister, wachstumsorientiert konsolidieren. Zukunftsbereiche wie Bildung und Forschung werden von Einsparungen ausgenommen. Andererseits werden mit diesem Entwurf die Staatsfinanzen mittelfristig auf eine solide Grundlage gestellt.
Es ist das Königsrecht des Haushaltsausschusses, an dem Entwurf Änderungen anzubringen. Sehen jetzt schon Änderungsbedarf?
Ja, mit Sicherheit. Wir sind fest gewillt, während den Beratungen für den Haushalt 201, die schon jetzt absehbare, überraschend günstige Entwicklung des Jahres 2010 auch auf den Haushalt 2011 zu übertragen.
Sehen Sie schon wo?
Das betrifft zunächst mal die Höhe der Nettokreditaufnahme. Auch bei den gleichzeitigen Beratungen über das Haushaltsbegleitgesetz gibt es noch einige Positionen, die im parlamentarischen Verfahren an der einen oder anderen Stelle nochmals verändert werden. Aber, das muss ich hinzufügen, vom Volumen her sollte dieses Paket eins zu eins in den Haushalt übertragen werden.
Können Sie schon eine neue Zahl für die Neuverschuldung 2011 nennen?
Mit Zahlen bin ich da noch zurückhaltend, weil sich die Dinge wirklich wöchentlich ändern. Man kann jetzt schon absehen, dass wir für das Jahr 2010 deutlich unter der bisherigen Ist-Annahme von 65 Milliarden Euro landen werden. Ich hoffe vielleicht sogar mehr als zehn Milliarden Euro darunter, also bei 55 Milliarden Euro. Das würde dann aber auch Auswirkungen haben auf die Nettokreditaufnahme 2011. Die wird dann auf keinen Fall höher liegen als die Nettokreditaufnahme 2010.
Sie haben es gerade schon angesprochen: Im Haushaltsbegleitgesetz, dem sogenannten Sparpaket, sind weitere 11,2 Milliarden Euro Einsparungen vorgesehen. Warum brauchen wir das Sparpaket überhaupt?
Dieses Zukunftspaket ist ja ein Bündel von Maßnahmen, das über vier Jahre hinweg einen Konsolidierungsbeitrag von mehr als 80 Milliarden Euro vorsieht. Das ist das ambitionierteste Paket, das je von einer Bundesregierung aufgelegt wurde, und es versetzt uns in die Lage, in deutlich überschaubaren Zeiträumen wieder zurückzukehren zu konsolidierten Haushalten. Konsolidierte Haushalte sind nicht nur aus Sicht der Haushälter die Voraussetzung für Vertrauen in die politische Führung eines Landes. Sie sind Voraussetzung dafür, dass Menschen und Unternehmen bereit sind, zu konsumieren und zu investieren
Und was ist mit der Schuldenbremse im Grundgesetz?
Die Schuldenbremse ist ein weiteres starkes, bindendes Glied, das uns dazu zwingt, die Neuverschuldung abzubauen. Bis spätestens 2016 müssen wir bei einem Betrag von 0,35 Prozent des Bruttoinlandproduktes landen. Diese im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wird eine stärkere Bindewirkung entfalten als der bisherige Artikel 115 (Grenzen der Kreditaufnahme).
Konkret zum Sparpaket: Wo soll das Geld eingespart werden?
Das Sparpaket oder das Zukunftspaket ist so angelegt, dass wir etwa ein Drittel im sozialen Bereich einsparen, etwa ein Drittel bei der eigenen Verwaltung und etwa ein Drittel bei den Unternehmen, in dem wir dort Gewinne abschöpfen. Das ist in erster Linie die Kernbrennelementesteuer und die Steuer auf Flugtickets. Insgesamt bedeutet dies, dass etwa zwei Drittel des Sparpakets durch Ausgabenkürzung und etwa ein Drittel durch Einnahmeverbesserung umgesetzt werden.
Die Versorgungsunternehmen sollen 2,3 Milliarden Euro jährlich zum Paket beitragen. Kommt das Geld?
Nach dem erzielten Kompromiss sehe ich da keine Gefahr mehr. Für die nächsten Jahre können wir das Geld auf jeden Fall verbuchen.
Die Opposition hält das Paket für sozial unausgewogen. Teilen Sie die Meinung?
Das ist ein sehr klug angelegtes, ausgewogenes Paket, dass sich auch nicht den Vorwurf ans Bein binden lassen muss, es sei sozial unausgewogen Denn der soziale Bereich macht innerhalb des Bundeshaushaltes weit über die Hälfte aus, mehr als 54 Prozent unserer Ausgaben fließen dorthin. Wir sparen da aber nur rund ein Drittel ein - also nicht überproportional, sondern unterproportional. Und man muss sehen, dass wir auch insbesondere nicht bei denen sparen, die dauerhaft auf Hilfe angewiesen sind.
Aber es kommt auch Kritik aus den eigenen Reihen. So sind führende CSU-Politiker gegen große Einschnitte in der Infrastruktur. Sehen Sie das auch so?
Was den Verkehrs- und Bauetat anbelangt, sehe auch ich an der einen oder anderen Stelle noch die Notwendigkeit, etwas nachzusteuern: Städtebauförderungen und CO2-Minderungsprogramm zum Beispiel. Aber generell gilt auch da, dass unter dem Strich die Bilanzhöhe ausgewogen sein muss.
Also Sie erwarten in diesem Bereich keine großen Diskussionen innerhalb Ihrer eigenen Arbeitsgruppe. Wie ist dann die Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner FDP?
Die Zusammenarbeit mit der FDP ist innerhalb des Haushaltsausschusses überraschend gut! Also auch wenn in der öffentlichen Darstellung immer so der Eindruck entsteht, die beiden Koalitionspartner seien nicht die Liebesheirat wie ursprünglich erwartet, kann ich für die Haushälter sagen, da funktioniert das hervorragend. Eindrückliches Beispiel: Wir hatten über die Sommermonate verschiedene Interviews, unser Kollege Otto Fricke von der FDP und ich. Wir haben uns ohne Absprache nahezu immer gleichlautend geäußert. Also wir ticken da gleich.
Ihr Vorgänger, Steffen Kampeter, hat mal gesagt, die Haushälter wären die Prätorianergarde des Finanzministers. Gilt das immer noch?
Ein schöner Vergleich. Das gilt mit Sicherheit weiter. Der Finanzminister hat bei uns Haushältern absoluten Rückhalt, solange er Linie hält. Also das ist ein Treueverhältnis, das auf Gegenseitigkeit beruht. Wir Haushälter sind diejenigen, die engagiert eintreten für die Konsolidierung der Staatsfinanzen, und der Finanzminister ebenso. Ich hoffe, es kommt nicht irgendwann ein Satz wie damals bei Schröder, der zu Eichel sagte: "Nun lass mal, Hans." Wenn der Satz übertragen lauten würde "Nun lass mal, Wolfgang" würden wir wahrscheinlich nicht mitmachen.
Mit anderen Worten: Die Koalition steht?
Die Koalition steht, was Haushalts- und Finanzpolitik anbelangt, wie eine Eins. Ich würde mir wünschen, dass es in allen anderen Bereichen auch so wäre.Norbert Barthle (58) ist seit November 2009 haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
(mik)