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Ende Oktober 2010 hat die Europäische Kommission ihr Arbeitsprogramm für das Jahr 2011 veröffentlicht. Die Fraktionen im Bundestag haben es in einer Debatte am Donnerstagabend, 20. Januar 2011, sehr unterschiedlic bewertet. Staatsminister Dr. Werner Hoyer (FDP) vom Auswärtigen Amt lobte die Absicht der EU-Kommission, weitere Reformen des Finanzmarktes bis Ende 2011 zu beschließen. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und des Kohäsionsfonds erfordere zudem die"„größte Aufmerksamkeit“ Deutschlands, weil in diesen Bereichen drei Viertel des EU-Budgets eingesetzt würden.
Hoyer äußerte sich zuversichtlich, dass die EU-Kommission 2011 "Impulse zur Überwindung der Krise“ geben würde. Die deutsche Regierung werde allerdings genau prüfen, ob der Grundsatz der Subsidiarität eingehalten werde, also nur solche Fragen von der EU-Kommission geregelt werden, bei denen ein "europäischer Mehrwert“ deutlich wird.
Der CDU-Abgeordnete Thomas Dörflinger lobte, dass sich die EU-Kommission bei ihrem diesjährigen Programm auf die "Bewältigung der Folgen der Finanzkrise“ konzentriere. Auch Entbürokratisierung sei ein wichtiges Thema, betonte er. Unternehmen und Universitäten, die Förderanträge bei der Europäischen Union einreichten, seien beispielsweise vom Umfang der Formulare oftmals überfordert.
Dörflinger begrüßte auch das Ziel der EU-Kommission, Rentenansprüche europaweit leichter geltend machen zu können. "Bilaterale Abkommen“ seien dafür jedoch besser geeignet als eine Regelung auf EU-Ebene, die die Gründung einer neuen EU-Behörde nach sich ziehen könnte.
Der SPD-Abgeordnete Michael Roth nutzte die Debatte, um die Europapolitik der Bundesregierung zu kritisieren. Die deutsch-französische Zusammenarbeit gelte nach Unstimmigkeiten bei der Euro-Rettung nicht mehr als "Motor der europäischen Integration“, der Konflikt zwischen Jean-Claude Juncker, Chef der Eurogruppe, und Bundeskanzlerin Angela Merkel um die von Deutschland abgelehnte Einführung gemeinsamer Euro-Anleihen sei nur "die Spitze des Eisbergs“.
Auf der anderen Seite kritisierte Roth, dass die EU-Kommission immer stärker "ans Gängelband der europäischen Regierungen“ genommen werde. Wichtige Entscheidungen würden auf dem Gipfel der Regierungschefs getroffen. Die EU-Kommission werde dadurch zum"„Befehlsempfänger“ degradiert.
Bezüglich des aktuellen Kommissionsprogramms kritisierte der Sozialdemokrat, dass die von den Mitgliedstaaten verlangte "Austeritätspolitik“ das Wachstum hemme. Positiv vermerkte er den angekündigten Kampf gegen Steueroasen.
Grundsätzliche Kritik am geplanten Arbeitsprogramm der EU-Kommission übte Andrej Hunko von der Linksfraktion. Die Politik, die zur Finanzkrise geführt habe, werde fortgesetzt, ein wirkliches Umsteuern sei nicht feststellbar.
Als Fehler bezeichnete Hunko die Verschärfung "des dummen Stabilitäts- und Wachstumspaktes“. Er kritisierte, dass die von der EU und dem Internationalen Währungsfonds vergebenen "Rettungspakete“ in Wahrheit "Bankrettungspakete“ seien. Sie seien an "Spardiktate auf Kosten der Bevölkerung“ gekoppelt und würden damit zu "mehr Armut und sozialer Ausgrenzung“ beitragen.
Manuel Sarrazin von Bündnis 90/Die Grünen drückte sein Bedauern aus, dass die deutsche Regierung nicht auf den Vorschlag von Eurogruppen-Chef Juncker eingegangen war, gemeinsame EU-Anleihen aufzulegen. Dieser Vorschlag sei mit der "deutschen Stabilitätskultur“ gut vereinbar und im Rahmen der aktuellen Verträge möglich."„Aus meiner Sicht verpassen Sie gerade eine Chance!“, rief er dem Vertreter der Regierung zu.
Sarrazin kündigte an, dass die Grünen-Fraktion auf die Beteiligung des Bundestages achten werde, wenn die Zustimmung Deutschlands zu weiteren Rettungsschirmen oder zu einer verstärkten wirtschaftliche Koordination innerhalb der Europäischen Union gefragt sein werde. (ktk)