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Kontrovers diskutiert wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Bundesfreiwilligendienst (17/4803) in der ersten Lesung am Donnerstag, 24. Februar 2011, im Bundestag. Zu Beginn der Debatte skizzierte Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder (CDU) die Eckpunkte des geplanten Bundesfreiwilligendienstes (BFD), der ab dem 1. Juli 2011 an die Stelle des bisherigen Zivildienstes, der mit der Abschaffung der Wehrpflicht wegfällt, treten soll. Er stehe Männern und Frauen jeden Alters offen, die Bundesfreiwilligen würden sozialversichert und erhielten ein Taschengeld. Die Einsatzbereiche würden ausgedehnt auf Sport, Integration, Kultur, Bildung sowie Zivil- und Katastrophenschutz. 35.000 Freiwillige wolle die Bundesregierung pro Jahr für den BFD gewinnen, sagte Schröder und bezeichnete ihn als "Nährboden für eine neue Kultur der Freiwilligkeit in Deutschland“.
Das sah Kerstin Griese (SPD) anders. Die Sozialdemokratin befürchtet, durch den BFD könnten die bestehenden Freiwilligendienste in Trägerverantwortung marginalisiert werden und eine "Zweiklassengesellschaft“ entstehen.
Statt die Chance zu nutzen, mit dem Wegfall des Zivildienstes und den dadurch frei werdenden Mitteln Dienste wie das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologische Jahr zu stärken, etabliere die Bundesregierung mit dem BFD Doppelstrukturen.
Der FDP-Abgeordnete Florian Bernschneider hingegen nannte das Gesetzesvorhaben "eine der größten engagementpolitischen Reformen, die es jemals in Deutschland gegeben hat“. Die Koalition gehe mit der Aussetzung von Wehr- und Ersatzdienst einen mutigen Schritt weg von Pflichtdiensten hin zu Freiwilligkeit, so der jugendpolitische Sprecher der FDP-Fraktion weiter.
Die Kritik der Opposition an dem Gesetzentwurf bezeichnete der Liberale als "kleinteilig“. Sie zeige nur, wie gut die Koalition ihre Arbeit erledigt habe. Doppelstrukturen seien nicht der Kern des Problems. Vielmehr gehe es darum, dass zukünftig alle, die freiwillig tätig seien, die gleichen Rahmenbedingungen vorfänden. Genau das sei das Ziel des Gesetzentwurfs.
Seine Fraktion hatte gemeinsam mit der CDU/CSU einen Antrag (17/4692) eingebracht, in dem die Abgeordneten für eine Stärkung der Jugendfreiwilligendienste plädieren.
Heidrun Dittrich (Die Linke) lehnte den geplanten Bundesfreiwilligendienst rundweg ab. Durch den Wegfall des Zivildienstes würden demnächst Billigarbeitsplätze in der Pflege fehlen, das solle der BFD ausgleichen. Zudem wolle die Bundesregierung mit dem BFD die Strukturen für eine mögliche Wiedereinsetzung der Wehrpflicht aufrechterhalten für den Fall, dass sich nicht genügend Freiwillige für die Bundeswehr finden lassen sollten.
Statt mit dem BFD sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu ersetzen und den Niedriglohnsektor auszuweiten, sollte die Trägervielfalt in den 16 Bundesländern aufrechterhalten und das Angebot der bestehenden Freiwilligendienste verbessert werden, so die Abgeordnete. Ein enstprechender Antrag ihrer Fraktion (17/4845) stand ebenfalls auf der Tagesordnung.
Ähnlich wie Griese kritisierte auch Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) die Doppelstrukturen, die durch den BFD geschaffen würden. Die Konkurrenz zu den bestehenden Freiwilligendiensten sei einfach ineffizient, so der Abgeordnete.
Der Regierung warf er vor, mit dem Gesetz, dem man anmerke, dass es unter erheblichem Zeitdruck entstanden sei, nicht die Zivilgesellschaft zu fördern, sondern bürokratische Strukturen. Die Grünen begrüßten zwar den Ausstieg aus den Pflichtdiensten, doch die Umsetzung sei mangelhaft.
Wichtig sei, dass tatsächlich Arbeitsmarktneutralität gewährleistet sei, also keine regulären Jobs verdrängt würden. "Das müssen wir uns sehr genau angucken, damit hier kein neuer Niedriglohnsektor geschaffen wird“, so der Abgeordnete weiter. (nal)