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Die ungarische Ratspräsidentschaft wird nur dann erfolgreich genannt werden können, wenn Europa am 1. Juli 2011 stärker dasteht als noch am 1. Januar. Diese ehrgeizige Einschätzung äußerte der ungarische Außenminister János Martonyi am Montag, 4. April 2011, in einem Hintergrundgespräch zu dem die Parlamentariergruppe Europa-Union Deutschland eingeladen hatte. Bisheriger Höhepunkt der Ratspräsidentschaft war der EU-Gipfel Ende März, bei dem laut Martonyi durch die Verabschiedung des Wachstums- und Stabilitätspaktes der Euro "kurzfristig gefestigt wurde“.
Der erfolgreiche Gipfel, der eine "historische Bedeutung“ habe, sei zwar nicht in erster Linie der ungarischen Ratspräsidentschaft zu verdanken gewesen, doch habe diese "vielleicht eine Rolle gespielt“, so der Außenminister.
Der Vorstandsvorsitzender der Parlamentariergruppe, Manuel Sarrazin (Bündnis 90/Die Grünen), wurde da schon deutlicher. Dass dieser historische Gipfel relativ leise abgelaufen sei, verdanke man dem "guten diplomatischen Handwerk“ der ungarischen Regierung.
Deren Außenminister wies während des Gesprächs daraufhin, dass gerade angesichts der aktuellen Entwicklungen in Japan das Ziel einer gemeinsamen Energiepolitik in Europa verstärkt angegangen werden müsse. "Bis 2014 müssen die Eckpfeiler des gemeinsamen Energiemarktes stehen“, sagte
Benötigt würden zudem hohe Standards bei Atomkraftwerken ebenso wie hohe Kriterien bei den Stresstests der Atomkraftwerke. Diese Kriterien, so Martonyi, müssten im Übrigen auch für jene europäischen Länder mit Atomkraftwerken gelten, die nicht in der EU seien. Gleichzeitig vertrat er die Ansicht, dass die Entscheidung über die Nutzung der Kernkraft jedem einzelnen Mitgliedstaat obliegen müsse.
In den kommenden drei Monaten, in denen Ungarn die Ratspräsidentschaft noch innehat, wird auch das Europäische Parlament über das von den Regierungschefs verabschiedete Paket mit den sechs Vorschlägen zu größerer Haushaltsdisziplin, Wettbewerbsfähigkeit und Währungsstabilität - von Martonyi auch Six Pack genannt - entscheiden.
Eine Verabschiedung sei "im Interesse des Europäischen Parlaments“, sagte der Minister und forderte die deutschen Abgeordneten dazu auf, ihren Einfluss gegenüber den Europaparlamentariern zu nutzen. Das Six-Pack werde gebraucht, sagte er und bekräftigte: "Wir sind zum Erfolg verurteilt.“
Sein Land, so stellte der ungarische Außenminister auf Nachfrage klar, habe jedoch nur fünf der sechs Regelungen unterzeichnet. "Mit der Steuerharmonisierung sind wir nicht einverstanden“, sagte er. Dies sei eine Entscheidung im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit.
Martonyi befürwortete in dem Gespräch auch die Aufnahme Kroatiens in die EU. "Tun wir das nicht, sind wir unglaubwürdig“, urteilte er. Zugleich wäre die Nichtaufnahme eine schlechte Botschaft an die Länder auf dem Balkan. Auch die Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in die Schengen-Zone nannte er notwendig.
Staaten, die dagegen Vorbehalte hätten, müssten überzeugt werden. Die Frage, ob nicht statt relativ hoher Standards bei der Aufnahme die Sanktionen bei späteren Verstößen verstärkt werden sollten, beurteilte der Minister als "bedenkenswert“. Es sei jedoch "nicht ganz korrekt“, dies jetzt auf Rumänien und Bulgarien anzuwenden, da diesen Ländern nur abverlangt worden sei, die Auflagen zu erfüllen.
Angesprochen auf die ab 1. Mai geltenden Arbeitnehmerfreizügigkeit sagte Martonyi, er freue sich, dass diese Freizügigkeit dann auch für Ungarn gelte. Gleichwohl hoffe er, "dass die ungarischen Arbeiter zu Hause bleiben und das Wachstum voranbringen“.
Beim Thema Libyen zeigte der ungarische Außenminister Verständnis für das Abstimmungsverhalten Deutschlands im Weltsicherheitsrat. Jedes Mitglied in diesem Gremium habe das Recht auf eine souveräne Entscheidung. Seiner Ansicht nach sei jedoch die militärische Aktion richtig.
Nun sei es jedoch wichtiger, über die Zukunft statt über die Vergangenheit zu diskutieren. Dies habe er auch mit seinem deutschen Amtskollegen Guido Westerwelle besprochen. Dabei sei man sich einig gewesen, dass es darauf ankommen werde, zum einen humanitäre Hilfe zu leisten und zum anderen eine politische Lösung des Konflikts zu fördern. (hau)