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Der Bundestag hat den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011 (17/5125, 17/5196) verabschiedet. Während der Sitzung am Donnerstag, 9. Juni 2011, stimmten die Koalitionsfraktionen für den Entwurf in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (17/6105, 17/6146). Ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/6122) fand hingegen keine Mehrheit. Damit wird künftig der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 auf 1.000 Euro pro Jahr angehoben. Zudem dürfen Steuerpflichtige ihre Steuerklärung in Zukunft nur noch alle zwei Jahre abgeben, können aber auch am gewohnten einjährigen Rhythmus festhalten.
Aus Sicht der Koalition ist das Gesetz "gut für Familien und ein Beitrag zum Bürokratieabbau“, wie die Unionsabgeordnete Antje Tillmann sagte. Von einem "lächerlichen Gesetz“, bezogen auf das, was die Koalition angekündigt habe, sprach hingegen der SPD-Abgeordnete Lothar Binding.
Die Opposition stehe mit ihrer Kritik alleine da, sagte Antje Tillmann. Bei einer öffentlichen Anhörung hätten Experten den Gesetzentwurf positiv beurteilt. Allein die Streichung der Einkünfte- und Bezügegrenzen beim Kindergeld und bei Kinderfreibeträgen für volljährige Kinder schaffe Einsparungen in Höhe von 260 Millionen Euro.
Noch wertvoller sei jedoch die damit einhergehende Vereinfachung für die steuerpflichtigen Eltern. "Es geht uns bei dem Gesetz um Steuervereinfachungen nicht um Steuersenkungen“, machte Tilmann deutlich.
Ein Beispiel dafür sei auch die Anerkennung der elektronischen Rechnungsführung. Der Nationale Normenkontrollrat habe dies als gut für den Bürokratieabbau bezeichnet, sagte Tillmann.
Wenn er von einem lächerlichen Gesetz spreche, so sei dies auf die Ankündigung der Koalition bezogen, das Steuersystem "niedrig und gerecht“ zu machen, sagte Lothar Binding (SPD). Die wenigen positiven Elemente der Regelung würden mit Kosten in Höhe von 600 Millionen Euro teuer bezahlt, kritisierte er.
Binding nannte es gut, dass die Verdienstgrenzen bei über 18-jährigen Kindern wegfallen sollen. Falsch sei jedoch, dass durch die Regelung Einkommen aus Kapitaleinkünften bessergestellt würden als Arbeitseinkünfte.
Mit der zweijährigen Steuererklärung werde der Bürger zudem in die Irre geführt. "Gemeint sind ja wohl zwei Steuererklärungen zu einem Zeitpunkt“, sagte Binding.
Diese Art der Irrtumsverbreitung komme bei den Bürgern nicht gut an, betonte er. Seine Fraktion könne dem Gesetz daher nicht zustimmen.
Bindings Rede habe gezeigt, dass die SPD krampfhaft nach Gründen suche, um dem Gesetz nicht zuzustimmen, urteilte Daniel Volk (FDP). Die zweijährige Steuererklärung sei nur ein Angebot an die Steuerpflichtigen, sagte er. "Wir haben uns dabei von Sachverständigen beraten lassen, die gesagt haben, es sei der richtige Schritt, dies auszuprobieren“, so Volk.
Es sei zudem offensichtlich, dass die Opposition den Begriff Steuervereinfachung nicht verinnerlicht habe. "Es ist eben keine Steuersenkung.“ Auch der höhere Pauschbetrag sei ein Beitrag zur Steuervereinfachung, sagte Volk. Es sei ein SPD-Finanzminister gewesen, der diesen Betrag gekürzt hatte. Dies zeige: "Wir machen Steuerpolitik für die Arbeitnehmer“, sagte der FDP-Politiker.
Sie habe andere Erinnerungen an die genannte Sachverständigenanhörung als die Kollegin Tillmann, sagte Dr. Barbara Höll (Die Linke). Dort sei zwar das Ziel des Gesetzes positiv bewertet worden, nicht aber die von der Regierung geplanten Maßnahmen. Während nur in wenigen Bereichen kleine Verbesserungen erreicht würden, führe das Steuervereinfachungsgesetz vielfach zu Komplizierungen, sagte Höll.
Dass der Pauschbetrag erhöht werde, sei gut, befand die Abgeordnete der Linksfraktion. "Wir sind aber noch immer weit weg von dem Stand vor acht Jahren.“ Im Zusammenhang mit der zweijährigen Steuererklärung sprach sie von einem "Etikettenschwindel. Tatsächlich handle es sich lediglich um eine Fristverlängerung. "Und Sie lassen sich für so ein Angebot feiern“, sagte Höll an die Koalition gewandt.
Die FDP habe einen Meilenstein angekündigt, sagte Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen). "Tatsächlich handelt es sich aber um ein Placebo“, urteilte sie. Auch Paus sprach von einer Fristverlängerung bei der zweijährigen Steuererklärung. Die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages nannte sie eine "lächerliche Regelung“, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die seit 1975 nach dem Grad der Behinderung gestaffelten Pauschbeträge nicht erhöht wurden.
Die Anerkennung elektronischer Rechnungen nannte Paus überfällig. Dafür hätte es jedoch nicht eines eigenen Gesetzes bedurft. Kritik übte sie an der Beibehaltung des Ehegattensplittings. Damit würden lediglich große Einkommensunterschiede bei Ehepartnern gefördert, nicht jedoch die Ehe selbst oder gar Kinder. "Der angekündigte große Wurf ist nur ein großer Papierberg geworden“, lautete daher ihr Fazit. (hau)