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Trotz - oder gerade wegen - der anstehenden Sommerpause will die Bundesregierung ihr Gesetzespaket zu Atomausstieg und Energiewende am Donnerstag, 30. Juni 2011, im Bundestag verabschieden. Das Parlament wird sich in einer zweiten und dritten Lesung mit dem Paket befassen und darüber abstimmen. Die Debatte beginnt um 9 Uhr und soll zweieinhalb Stunden dauern. Im Zentrum steht die von CDU/CSU und FDP (17/6070) sowie von der Bundesregierung (17/6246) eingebrachte 13. Änderung des Atomgesetzes, über die der Bundestag namentlich abstimmen wird.
Sie legt die endgültigen Restlaufzeiten aller deutschen Kernkraftwerke fest. Die sieben ältesten Atommeiler und die Anlage in Krümmel, die während des dreimonatigen Atom-Moratoriums abgeschaltet wurden, sollen gar nicht wieder ans Netz gehen. Für die Abschaltung der übrigen Atomkraftwerke ist ein Stufenplan vorgesehen. Die letzten ihrer Art sollen bis Ende 2022 stillgelegt werden. Dass der Atomausstieg vollzogen werden muss, darin sind sich alle Fraktionen einig. Über das "Wie" und "Wann" soll jedoch noch debattiert werden.
"Bei all diesen Gesetzen gibt es massiven Änderungsbedarf", kritisierte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin im Anschluss an die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin am 9. Juni im Bundestag. Seine Fraktion fordert unter anderem, aller Kernkraftwerke in Deutschland bis 2017 abzuschalten (17/5182, 17/5202). Sie hat zum Ausstiegsgesetz einen Entschließungsantrag (17/6368) vorgelegt.
Zudem werden weitere Gesetzentwürfe (17/5035, 17/5180, 17/5931) und Anträge der Fraktion Bündnis90/Die Grünen (17/6119, 17/6109, 17/5202, 17/799, 17/5762, 17/4017) Gegenstand der Abstimmung sein. Unter anderem legen die Grünen auch einen neuen Gesetzentwurf zur Absicherung des Wiederausstiegs aus der Atomenergie in Artikel 20a des Grundgesetzes vor (17/6302).
Die Linksfraktion will das Ende der Nuklearenergie für das Jahr 2014 festsetzen (17/6092). Darüber hinaus spricht sie sich gegen die Übertragbarkeit von Reststrommengen (17/5472) und die Überführung der Rückstellungen der Atomkraftwerksbetreiber in einen öffentlich-rechtlichen Fonds (17/6119) aus.
Gesetzlich sind die Unternehmen dazu verpflichtet, Rücklagen für den Rückbau von Atomkraftwerken und die Entsorgung radioaktiver Abfälle zu schaffen. Die Fraktion ist aber der Ansicht, dass diese Rückstellungen weder transparent noch garantiert seien. Deshalb fordert sie die Überführung in einen öffentlich kontrollierten Fonds. Ferner werden zwei Gesetzentwürfe (17/5472, 17/5474) und drei Anträge der Linksfraktion (17/5472, 17/5478, 17/5480 und 17/6092) abgestimmt. Über den Gesetzentwurf zur grundgesetzlichen Verankerung des Ausstiegs aus der Kernenergie (17/5474) soll namentlich abgestimmt werden.
Die zukünftigen Säulen der Energieversorgung in Deutschland sollen die erneuerbaren Energien sein. So sieht es der Entwurf von CDU/CSU- und FDP (17/6071) sowie der Bundesregierung (17/6247) zum Erneuerbare-Energien-Gesetz vor. Bereits bis zum Jahr 2020 sollen 35 Prozent des Stroms in Deutschland aus Wind-, Solar- und Wasserenergie gewonnen werden. Die Emissionen sollen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent, und bis zum Jahr 2050 um 80 Prozent gegenüber den Emissionen des Jahres 1990 reduziert werden. Die Linke hat dazu einen Entschließungsantrag (17/6369) eingebracht.
Da bisher nur 100 von geplanten 800 Kilometern der Erweiterung des Stromnetzes fertig gestellt sind und das weitere Planungsverfahren bis zu zehn Jahren dauern würde, haben CDU/CSU und FDP (17/6073) sowie die Bundesregierung (17/6249) den Entwurf eines Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (17/6073, 17/6249) beschlossen. Dazu liegt auch ein Entschließungsantrag der Linksfraktion (17/6370) vor.
Inhalt des Gesetzespakets ist neben der Energiegewinnung auch die Energieeffizienz. Die Koalition und die Bundesregierung haben dem Bundestag Gesetzentwürfe zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden (17/6074, 17/6251) und einen zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in den Städten und Gemeinden (17/6076, 17/6253) vorgelegt.
Ferner gehören zu den Entwürfen von CDU/CSU und FDP sowie der Bundesregierung ein Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften (17/6072, 17/6248), ein erstes Gesetz zur Änderung schifffahrtsrechtlicher Vorschriften (17/6077, 17/6254) und ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens "Energie- und Klimafonds" (17/6075, 17/6252).
Im Anschluss an die Regierungserklärung der Kanzlerin zum Gesetzespaket am 9. Juni hatte SPD-Fraktionschef Dr. Frank-Walter Steinmeier zwar Kritik an den Entwürfen geäußert, dabei aber die Unterstützung seiner Fraktion angedeutet: "Wenn Sie das phasenweise gestalten, werde ich nicht taktisch und krampfhaft nach Gründen suchen abzulehnen."
Nichtsdestoweniger wird am 30. Juni auch über den Gesetzentwurf der SPD für eine beschleunigte Stillegung von Atomkraftwerken (17/5179) sowie über die Anträge der SPD bezüglich der Transparenz bei Rückstellungen im Kernenergiebereich (17/5901), zur Energiewende (17/5182, 17/778) sowie über weitere SPD-Anträge (17/5181, 17/5481, 17/4528) abgestimmt. Namentlich abgestimmt wrden soll über einen neuen Antrag der Sozialdemokraten mit dem Titel "Die Energiewende zukunftsfähig gestalten" (17/6292).
Zur Abstimmung liegen Beschlussempfehlungen des Umweltausschusses (17/4953, 17/6361, 17/6363), des Wirtschaftsausschusses (17/4785, 17/6365, 17/6366), des Haushaltsausschusses (17/6356), des Finanzausschusses (17/6358) sowie des Verkehrsausschusses (17/5225, 17/6357, 17/6364) vor. Im Bundesrat steht das Thema am Freitag, 8. Juli, auf der Tagesordnung. (ver)