Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2011 > Manuel Höferlin (FDP)
In die FDP trat Manuel Höferlin ein, um "Farbe zu bekennen". Vier Jahre später war der IT-Unternehmer bereits Mitglied des Bundestages. Sein Schwerpunkt hier: Netzpolitik. Während andere auf verschlungenen Pfaden in die Politik kommen, nahm Manuel Höferlin die Abkürzung: 2005 trat der heute 38-Jährige der FDP bei, 2008 stellte ihn seine Partei bereits als Kandidaten für die Bundestagswahl auf, 2009 zog er über die Landesliste Rheinland-Pfalz ins Parlament ein und vertritt dort den Wahlkreis Worms. Seitdem ist er Mitglied sowohl im Innen- als auch im Rechtsausschuss, zudem Vorsitzender der Arbeitsgruppe "IT und Netzpolitik" der FDP-Fraktion. Politik von null auf hundert? Höferlin lacht. "Ich habe einfach im richtigen Moment eine Chance bekommen - und war bereit dazu, sie zu ergreifen."
Tatsächlich scheint der in Paris geborene und im rheinhessischen Harxheim aufgewachsene Höferlin ein Gefühl für das richtige Timing zu haben - und die Fähigkeit, die Gunst der Stunde zu nutzen. Nicht nur in der Politik. Während seines Jurastudiums, das er 1992 in Mainz aufnahm, kam er über einen Studentenjob im Computerraum der Juristischen Fakultät in Kontakt mit dem Internet.
"Das war zu dieser Zeit noch in der Entstehungsphase. Da gab es noch kein World Wide Web", erinnert er sich. "Ich habe alles von Grund auf selbst gemacht: Kabel gezogen, Rechner eingerichtet." Kenntnisse, die ihm bald von Nutzen waren. Der Jurastudent erkannte die Chance: 1993 machte er sich in Sachen Internetberatung und Website-Erstellung selbstständig.
Bald war die Auftragslage so gut, dass das Studium auf der Strecke zu bleiben drohte. "Ich hatte die Wahl: Mache ich mit Rechtswissenschaften weiter und bin einer von vielen Juristen - oder mache ich etwas Neues, etwas, das keiner aus meinem Umfeld kann?" Er gab das Studium auf. Eine Entscheidung, die er bis heute "nicht eine Minute" bereut hat. "Ich hatte soviel zu tun, dass ich kaum dazu kam, mich auszuschreiben."
1997 beteiligte er sich dann an einer Unternehmensberatung und gründete mit dieser zusammen sein eigenes IT-Beratungsunternehmen. "Schon damals betreute ich kleine Betriebe und Mittelständler", sagt der Höferlin und schmunzelt darüber, dass seine Zielgruppe als Unternehmer bereits die gleiche war wie heute als Politiker.
Eine Zukunft als Politiker hatte der Vater von zwei Kindern aber nicht im Kopf, als er eines Abends via Internet spontan einen Mitgliedsantrag bei der FDP stellte. "Das war an dem Tag, als bekannt wurde, dass es Neuwahlen geben würde", erinnert sich Höferlin.
Nach dem Wahldebakel bei den nordrhein-westfälischen Landtagswahlen hatte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder im Mai 2005 angekündigt, Neuwahlen anzustreben. "Ich hatte das Gefühl, dass das ein entscheidender Moment war. Dass man Farbe bekennen muss", sagt Höferlin. Mehr sei es in dem Moment nicht gewesen: "Am Anfang wollte ich mich auch noch gar nicht richtig engagieren", bekennt er freimütig.
Es kam anders. Und das recht schnell. Zwar musste sich Höferlin zwei Monate gedulden, bis seinem Antrag auf Mitgliedschaft stattgegeben wurde. Doch schließlich erhielt er Post vom Kreisvorstand. Lauter Einladungen: Zur Sitzung des Ortsvereins, zu der des Kreisverbands und der des Kreisvorstands. Höferlin tat etwas Ungewöhnliches: Er ging hin. "Das ist richtig aufgefallen, offensichtlich machen das die meisten Neumitglieder nicht", vermutet Höferlin.
"Ich war aber einfach neugierig, wollte wissen, was dort passiert." Schnell wurde der Neuling in die Pflicht genommen: Im Ortsverein seiner Heimatgemeinde fehlten aktive Liberale. Also besuchte Höferlin fortan als Gast die Gemeinderatssitzungen, wenig später übernahm er ehrenamtlich die Geschäfte des FDP-Kreisverbands Mainz-Bingen.
Seit der Kommunalwahl im Juni 2009 ist Höferlin auch Mitglied im Gemeinderat von Harxheim. Ein Mandat, das er weiterhin wahrnimmt, auch nach dem das für ihn Unglaubliche passiert und er in den Bundestag eingezogen war. "Für mich stand nie zur Debatte, ob ich das 'kleine Mandat' zugunsten des 'großen' im Bundestag aufgebe. Die Leute dort haben mich schließlich gewählt, damit ich ihre Interessen vertrete", sagt er ernst.
Außerdem sieht er die lokale Politik als eine gute Ergänzung zum Berliner Politikbetrieb: "Kommunalpolitik erdet. Man bekommt wieder einen Bezug zu den Dingen, die den Menschen wichtig sind."
Wie schon als IT-Unternehmer hat Höferlin auch als Abgeordneter in Berlin erfolgreich seine Nische gefunden. Mit der Diskussion um Datenschutzprobleme bei Facebook und Google Street View ist in den letzten Monaten die Aufmerksamkeit für Netzpolitik gewachsen.
Höferlin will die Gunst der Stunde nutzen: "Es ist genau der richtige Zeitpunkt für mich, in die Politik gekommen zu sein." Als Vorsitzender der Arbeitsgruppe "IT und Netzpolitik" seiner Fraktion und als Mitglied der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" im Bundestag möchte er dazu beitragen, das Bewusstsein für Netzpolitik weiter zu erhöhen.
Ob Datenschutz, Urheberrechte oder Netzneutralität, in der Vergangenheit hätten Politik und Öffentlichkeit von solchen Themen nicht ausreichend Notiz genommen. Ein Versäumnis, findet Höferlin: "Netzpolitik ist ein wichtiges Querschnittsthema. Ich bin überzeugt, dass wir künftig in jedem Ausschuss Netzpolitiker brauchen."
Für ein Umdenken plädiert Höferlin auch in anderer Hinsicht: "Wir verstehen Netzpolitik vor allem als innen- oder rechtspolitisches Thema und diskutieren hauptsächlich über Restriktionen. Wir müssen aber begreifen, dass Netzpolitik auch Wirtschaftspolitik ist - mittelständische Wirtschaftspolitik." Das Internet biete nicht nur den Global Playern, sondern auch kleineren Unternehmen viele Chancen. Diese stärker in den Fokus zu rücken, dazu will er beitragen, als IT-Unternehmer und Netzpolitiker. (sas)