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Der Umweltetat soll im laufenden Jahr um 7,3 Prozent wachsen. Für die Opposition jedoch kein Grund zur Freude. Sie nutzte die erste Lesung des Haushaltsentwurfs des Umweltministeriums am Donnerstag, 21. Januar 2010, um fundamental Kritik an der Politik des Bundesumweltministers Dr. Norbert Röttgen (CDU) zu üben. Dieser versprach trotz des Scheiterns des UN-Klimagipfels in Kopenhagen, sich weiterhin für ein verbindliches internationales Klima-Abkommen noch in diesem Jahr einzusetzen. In seiner Rede zu Beginn der Debatte im Plenum äußerte sich Röttgen kaum zum vorgelegten Etatentwurf - er nutzte die Debatte, um Ziele und Leitlinien seiner Politik im laufenden Jahr konkret zu benennen.
"Wir brauchen einen dynamischen Energiemix"
So sagte der CDU-Politiker, Konsequenz aus den unbefriedigenden Ergebnissen des UN-Klimagipfels in Kopenhagen im Dezember dürfe nicht Resignation sein, sondern ein entschlossenes "Jetzt erst recht!" Der Grund für diese Haltung resultiere aus der Erkenntnis, so Röttgen, dass Klimaschutz, Kohlendioxidreduzierung und Ressourcenschonung im Zentrum einer geopolitischen Transformation stünden: "In der Klimapolitik wird Macht neu verteilt!"
Deutschland habe in diesem Wettbewerb die beste Ausgangsposition, deshalb bleibe die Bundesregierung bei ihrem Ziel, 40 Prozent des Kohlendioxidausstoßes in Deutschland bis 2020 zu reduzieren. Außerdem werde sie sich auf EU-Ebene für eine Redzierung von 30 Prozent einsetzen.
Um diese Ziele zu erreichen, so kündigte Röttgen an, werde die Bundesregierung auf einen "dynamischen Energiemix" setzen. Noch brauche man sowohl die atomare Energie wie auch fossile Brennstoffe, doch die erneuerbaren Energien würden diese "sukzessive" ersetzen, betonte der Umweltminister. "Das steht so im Koalitionsvertrag, das werden wir auch umsetzen." Noch im laufenden Jahr werde die Bundesregierung dazu ein Gesamtkonzept vorlegen.
"Atomkraft ist nicht nachhaltig"
Von der Opposition erntete Röttgen für die Ankündigung, weiterhin auch auf Atomkraft zu setzen, massive Kritik. So monierte Dr. Matthias Miersch (SPD), der Umweltminister führe zwar beständig das Wort der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes im Munde, seine Taten sprächen aber eine andere Sprache: Die von ihm geplante Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken sei beispielsweise keineswegs nachhaltig.
Experten-Schätzungen zufolge werde die Beseitigung des radioaktiven Mülls im Lager Asse II in Niedersachsen rund 1,5 Milliarden Euro verschlingen. Das sei mehr als der gesamte aktuelle Etat des Umweltministeriums, so der Sozialdemokrat.
Außerdem bemängelte er, dass bislang im Haushalt Mittel von 130 Millionen Euro, die eigentlich für ein Marktanreizprogramm zugunsten von erneuerbaren Energien gedacht seien, gesperrt blieben. Gekürzt seien zudem im Bauetat auch Mittel zur Förderung der Gebäudesanierung, kritisierte Miersch. "Dabei gibt es gerade in diesem Bereich ein großes Potenzial für den Klimaschutz!"
"Nein zur Überförderung der Solarenergie"
Diesen Vorwurf wies Michael Kauch (FDP) jedoch sofort zurück: Dass in diesem Jahr für das Gebäudesanierungsprogramm weniger Geld zur Verfügung stehe als im Vorjahr, liege schlicht daran, dass der frühere Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) im Wahljahr Gelder vorzeitig ausgegeben habe, "um zu glänzen". Die neue Bundesregierung stehe zu ihren Klimaschutzzielen, betonte der Liberale. Klimaschutz sei im nationalen Interesse und ein "wichtiger Wettbewerbsmotor".
Aus diesem Grund halte die Koalition auch die Mittel für den Klimaschutz konstant. Kauch unterstützte auch ausdrücklich die Absicht des Bundesumweltministers, die Einspeisevergütung für Solarstrom zu senken: "Wir sagen Ja zur Förderung des Ausbaus, aber wir sagen Nein zur Überförderung."
Linke: Ausstieg aus dem Atomausstieg ist falsch
Auch Michael Leutert (Die Linke) geißelte wie zuvor schon der SPD-Abgeordnete Matthias Miersch die von der Koalition beabsichtigte Verlängerung der Reaktorlaufzeiten. Dass ausgerechnet am Tag der Debatte über den Umwelthaushalt der Minister die Vertreter der Atomindustrie zu Verhandlungen eingeladen habe, mache deutlich, wohin die Politik gehen werde, so Leutert: "Heute wird der Ausstieg aus dem Atomausstieg beschlossen."
Dass die Bundesregierung zudem die Kernkraft mit dem Etikett der Nachhaltigkeit versehen wolle, sei falsch und werde von seiner Fraktion entschieden abgelehnt.
"Kein großer Wurf"
Dorothea Steinert (Bündnis 90/Die Grünen) warf Norbert Röttgen ebenfalls vor, nur wieder "sein grünes Jäckchen" angezogen zu haben. Wie weit Worte und Taten Röttgens auseinanderklafften, zeige allein schon der Etatentwurf: Dass dort nur 460 Millionen Euro für den Klimaschutz eingestellt worden seien, zeuge, so Steinert, von "keinem großen Wurf".
Zwar wachse der Haushalt insgesamt um 7,3 Prozent. Problematisch sei aber, dass sich darin keine Angaben finden ließen zu den Kosten, die für die Räumung der Asse II auf den Bund zukämen. Die Grünen-Politikerin wies zudem daraufhin, dass sich die Ausgaben für das Endlager Schacht Konrad verdoppelt hätten.
Das zeige zweierlei, so Steinert: "Sie haben die Kosten nicht unter Kontrolle. Und: Sie nehmen das Risiko steigender Kosten und ökologischer Schäden in Kauf." Steinert forderte die Bundesregierung auf, umweltschädliche Subventionen etwa für Braunkohle oder Ausnahmen von der Ökosteuer zu streichen.
"Klimaschutz über parlamentarische Netzwerke vorantreiben"
Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) nahm in seiner Rede Bundeskanzlerin Merkel vor früher in der Debatte geäußerte Kritik im Zusammenhang mit ihrer Verhandlungsführung bei der Klimakonferenz in Kopenhagen in Schutz. Niemand sei ähnlich engagiert in Umweltfragen wie die Kanzlerin, so Ruck. "Sie ist einen Quantensprung besser als ihr Vorgänger, der jetzt bei Gazprom sitzt", sagte der Abgeordnete mit einem Seitenhieb auf Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD).
Man könne einen Kampf verlieren, so der CSU-Politiker mit Blick auf die die gescheiterten Verhandlungen in Kopenhagen. "Aber man muss gekämpft haben!" Auch wenn das Ergebnis des UN-Gipfels "enttäuschend" gewesen sei, so dürften die Bemühungen um den Klimaschutz nicht nachlassen.
"Es gibt keine Alternative, wir müssen den Blick auf die kommenden Konferenzen in Mexiko und Bonn richten", appellierte Ruck an die Abgeordneten. Dazu könnten gerade auch die Kontakte der Parlamentarier untereinander hilfreich sein.
Der Umwelthaushalt 2010 in Zahlen
107,79 Millionen Euro mehr kann das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 2010 ausgeben. Der Haushalt des Ressorts von Bundesumweltminister Röttgen wächst damit von 1,47 Milliarden im vergangenen Jahr auf 1,58 Milliarden Euro im laufenden Jahr.
Doch auch die Einnahmen des Ministeriums steigen: Die Bundesregierung rechnet damit, dass der Verkauf von Emissionszertifikaten mehr als 900 Millionen Euro in die Kasse des Ministeriums spülen wird. Insgesamt kommen so auf der Einnahmenseite 2010 1,16 Milliarden Euro zusammen, 129,58 Millionen mehr als im letzten Jahr.
Für Zuweisungen und Zuschüsse sind im Etatentwurf des Umweltministeriums 629,65 Millionen Euro vorgesehen (2009: 659,88 Millionen Euro), für Investitionen 614,39 Millionen Euro (494,41 Millionen Euro), für Verwaltungsausgaben 153,33 Millionen Euro (147,1 Millionen Euro). Für Personalausgaben wurden zudem 199,88 Millionen Euro eingestellt (200,25 Millionen Euro).