Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2011 > Biomasse Biodiversität
Die Auswirkungen der Produktion von BioÂmasse auf die Artenvielfalt in der Land- und Forstwirtschaft war Thema einer Anhörung des Ausschusses für Umwelt, NaturÂschutz und Reaktorsicherheit unter Vorsitz von Eva Bulling-Schröter (Die Linke) am Mittwoch, 30. November 2011. Unter dem Titel „Biomasse im Spannungsfeld von Energiegewinnung und Biodiversität“ diskutierten acht Sachverständige mit den AbgeÂordneten, wie der höhere Bedarf an Biokraftstoffen gesichert werden kann, ohne dabei die Artenvielfalt weiter zu gefährden.
Als Vertreter der Landwirtschaft erklärte Dr. Armin Vetter von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft in Jena, dass sich durch die Öffnung des Weltmarktes für Agrarprodukte und einen erhöhten Kostendruck die Spezialisierung auf immer weniger Fruchtarten und „die Tendenz zu engeren Fruchtfolgen" erheblich verstärkt habe. Er forderte daher, unabhängig von der späteren Verwendung der Biomasse, mindestens drei Fruchtarten in der Fruchtfolge zu gewährleisten.
Für die Forstwirtschaft erklärte Prof. Dr. Herman Spellmann von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen, dass die Nutzung des deutschen Waldes zwar angestiegen sei. „Wir haben aber weniger genutzt als nachgewachsen ist“, sagte Spellmann. Trotz einer gestiegenen energetischen Nutzung des Waldes sei die Forstwirtschaft vom Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) jedoch kaum betroffen. Der Wald sei in „guten Händen“, und man müsse sich keine Sorgen um die Biodiversität machen.
Florian Schöne vom NABU-Bundesverband warnte, dass die Akzeptanz von Bioenergie „zunehmend gefährdet“ sei. Die Debatte über „Tank oder Teller“ lasse sich nicht wegdiskutieren. Bei konventionellen Energiepflanzen seien die „Grenzen des Wachstums erreicht“, sagte er. Jede weitere Ausweitung der Flächen hätte erhebliche Folgen für Natur und Umwelt. „Keine Feldvogelart kann ihre Bestände halten“, mahnte er. Bei der Biomasse müsse man daher „auf Klasse anstatt auf Masse“ setzen.
Auch Prof. Dr. Karin Holm-Müller von der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn sprach sich dafür aus, dass Strom aus Biomasse nicht verschwendet werden dürfe. Er dürfe nur genutzt werden, wenn volatile Energieträger (wie Photovoltaik und Windenergie) nicht zur Verfügung stehen. Kleine Anlagen zur Erzeugung von Biogas sollten daher auch nur dann gefördert werden, wenn sie ökologisch sinnvoll seien.
In den vergangenen Jahren sind nach Angaben von Bastian Olzem vom Fachverband Biogas rund 3.000 neue Biogasanlagen ans Netz gegangen – vor allem in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, wo Bauern vom so genannten Gülle-Bonus profitiert hätten. Danach erhält der BiogasanlagenÂbetreiber einen Bonus, wenn er mindestens 30 Masseprozent Gülle in seiner Anlage einsetzt. Ein Fehler im EEG-2009 habe in einigen Regionen einen zusätzlichen Maisanbau zur Folge geÂhabt. Dieser Fehler sei mit dem EEG 2012 jedoch behoben worden.Die Verringerung der Biodiversität sei nicht durch den Anbau von Energiepflanzen ausgelöst worden, erklärte er.
Dr. Daniela Thrän vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung gab an, dass inzwischen auf zwei Millionen Hektar Boden BiokraftÂstoffe angebaut würden. „Anders als im Bioenergiebereich muss man bei den Biodiversitätszielen feststellen, dass wir im Verzug sind“, sagte sie. Sie plädierte dafür, Fragen der Biodiversität generell mit dem Agrarrecht zu koppeln.
Mahnende Worte kamen von Sebastian Schönauer vom Bund Naturschutz in Bayern: „Wir sind dabei, die Natur zu überÂnutzen“, sagte er. Er verwies darauf, dass die landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland nicht ausreiche, um die energieÂpolitischen Ziele der Bundesregierung zu realisieren. „Die AgrarÂgaserzeugung ist eine massive Umweltbelastung“, sagte er. Sie sei mit anderen Schutzmaßnahmen nicht vereinbar.
Klaus Brunsmeier vom BUND äußerte sich hingegen hinsichtlich des EEG positiv. Es sei weltweit anerkannt, auch wenn es FehlentÂwicklungen gegeben habe, „die aus anderen Politiken kommen“. Er sprach sich dafür aus, die erneuerbaren Energien regional besser zu planen. Ähnlich den Raumordnungsverfahren müsse es auch Planungen für erneuerbare Energien geben: „Wir planen jede Straße, aber nicht die Flächen für erneuerbare Energien“, sagte er. (as)