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Bei der künftigen Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in Bildung und Forschung sollen Finanzhilfen des Bundes erleichtert werden. Das war die mehrheitliche Meinung bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung unter Vorsitz von Ulla Burchardt (SPD) am Montag, 19. März 2012. Der Anhörung zu „verfassungsrechtlichen Grenzen und Perspektiven einer besseren Zusammenarbeit von Bund und Ländern“ bei Bildung und Wissenschaft lagen mehrere Anträge der Fraktionen von SPD (17/8455), Die Linke (17/785; 17/6094) und Bündnis 90/Die Grünen (17/1984; 17/8902) sowie eine Unterrichtung der Bundesregierung (17/8226) zugrunde. In ihnen wird Bundesregierung aufgefordert, eine Änderung des Artikels 91b des Grundgesetzes vorzulegen, um eine Kooperation von Bund und Ländern bei der allgemeinen Bildung wieder möglich zu machen. Über eine solche Grundgesetzänderung besteht sowohl in der Wissenschaft als auch in der Politik große Einigkeit.
Durch die Föderalismusreform I und das im Jahr 2006 eingeführte Kooperationsverbot ist die Zusammenarbeit von Bund und Ländern sehr erschwert worden. Einer der Sachverständigen, Ulrich Thöne von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, sagte: „Die Hoffnungen, die viele in einen konkurrierenden Föderalismus gesetzt hatten, haben sich nicht erfüllt.“ Nun gehe es darum, dieses Kooperationsverbot wieder zu lockern.
Das Problem bestehe jedoch unter anderem darin, dass der Bund in Zukunft mehr Geld für Bildung und Wissenschaft geben soll, ohne die Hoheit der Länder zu stark anzutasten, wie der Sachverständige Prof. Dr. Joachim Wieland von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften ausführte: „Die Länder haben die Kompetenz, und der Bund hat das Geld.“
Die Opposition und auch mehrere Länder fordern zudem den Entwurf eines neuen Artikels 104b und c, der Finanzhilfen ermöglicht, die über kurzzeitig reine Investitionen hinausgehen. Er soll den Weg zu einer neuen Kooperations- und Vertrauenskultur zwischen Bund und Ländern öffnen.
Die Hamburger Senatorin für Wissenschaft und Forschung, Dr. Dorothee Stapelfeldt (SPD), betonte, dass es eine gerechte Mittelverteilung zwischen den Ländern geben müsste. Insgesamt hätten sich in den vergangenen Jahren zu viele Unterschiede in der Bildungslandschaft Deutschlands entwickelt.
Prof. Dr. Hans-Peter Füssel vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung machte ebenfalls deutlich, dass die Strukturen so gestaltet werden müssten, dass es innerhalb Deutschlands kein Hemmnis für Mobilität gebe. „Es müssen Standards zur Vergleichbarkeit erarbeitet werden.“
Prof. Dr. Wolfgang Marquardt vom Wissenschaftsrat führte in seinem Gutachten aus, dass viele Universitäten über ein schlechtes Betreuungssystem verfügen, die starken Universitäten sich aber gegenseitig „zu Tode siegen“. Oft könnten diese Hochschulen ihre Schwerpunkte nicht vollständig und langfristig angemessen ausstatten und seien dann gezwungen, sie auszutrocknen oder sie aktiv auszugliedern, um in den Genuss einer Bundesfinanzierung zu kommen. Marquardt betonte, künftig müssten alle Ziele „einer nationalen Wissenschaftspolitik“ dienen. (rol)
Prof. Dr. Hans-Peter Füssel, Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung
Dr. Hannemor Keidel, Technische Universität München
Dr. Ekkehard Klug, Ministerium für Bildung und Kultur Schleswig-Holstein
Prof. Dr. Wolfgang Löwer, Universität Bonn
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Marquardt, Wissenschaftsrat
Prof. Dr. Manfred Prenzel, TUM School of Education, Technische Universität München
Dr. Dorothee Stapelfeldt, Behörde für Wissenschaft und Forschung, Hamburg
Ulrich Thöne, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Univ.-Prof. Dr. Joachim Wieland, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer