Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Oktober 2010 > CDU/CSU und FDP: Nachträgliche Sicherungsverwahrung soll weitgehend entfallen
Berlin: (hib/BOB/KT) Das Recht der Sicherheitsverwahrung soll ”grundlegend novelliert“ werden, um die Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern zu schützen. Zugleich streben CDU/CSU und FDP in einem Gesetzentwurf (17/3403) an, die Sicherheitsverwahrung auf schwerste Fälle (wie Mord oder Vergewaltigung) zu beschränken, um deren Ausnahmecharakter Rechnung zu tragen. Sie müsse zudem ”rechtsstaatlichen Standards“ sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene genügen. Nach dem Willen der beiden Regierungsfraktionen soll die nachträgliche Sicherverwahrung für neue Fälle weitgehend aufgehoben werden. Die Praxis habe gezeigt, dass sie nur in den wenigsten Ausnahmefällen in Betracht komme. Häufig scheiterten entsprechende Anordnungen der nachträglichen Sicherungsverwahrung an dem Erfordernis neuer Tatsachen. Es verwundere vor diesem Hintergrund nicht, dass der Bundesgerichtshof seit Einführung dieser neuen Regelung im Jahre 2004 lediglich in gut einem Dutzend Verfahren eine entsprechende Anordnung bestätigt habe; während bis Mitte 2008 in knapp 100 Fällen die Anordnung abgelehnt worden sei, schreiben CDU/CSU und FDP.
Hinzu komme, dass in den letzten Jahren verstärkt grundsätzliche Bedenken gegen dieses Instrument erhoben wurden. Kritisiert werde vor allem, dass dem geringen Anwendungsbereich der nachträglichen Sicherungsverwahrung ”nicht unerhebliche“ negative Auswirkung auf die Vollzugspraxis für diese Vielzahl von Gefangen gegenüberstehe. Denn alle Häftlinge stünden unter besonderer Beobachtung, stellen Union und Liberale fest. Für Ersttäter solle die Möglichkeit bestehen, Sicherungsverwahrung anzuordnen, das heißt im Urteil vorzubehalten, heißt in dem Gesetzentwurf weiter.
Der Entwurf der beiden Regierungsfraktionen sieht ferner vor, dass aus dem Gefängnis Entlassene, etwa Sexualstraftäter, in bestimmten Fällen eine sogenannte ”elektronische Fußfessel“ tragen müssen. Die Regierung verspricht von dieser Maßnahme eine bessere Aufenthaltsüberwachung. So dürfe ein bestimmter Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsbehörde verlassen oder betreten werden. Gerade für pädophile Täter sei es wichtig, sich selbst permanent zu kontrollieren, ”um die eigene Neigung nicht ausleben“. Sie bedürfe einer vollständigen und lebenslangen Verhaltenskontrolle gegenüber Kindern, so argumentieren CDU/CSU und FDP.
Ferner solle mit einem Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter eine Möglichkeit geschaffen werden, bei Personen, bei denen die Gefahr bestehe, dass sie erneut straffällig werden, eine sichere Unterbringung zu ermöglichen. Die Regierungsfraktionen hatten zu berücksichtigen, dass diese Maßnahme nicht gegen das Urteil des Europäisches Menschenrechtsgerichtshofes (EGMR) verstößt. In Dezember vorigen Jahren verurteilte das Straßburger Gericht Deutschland, solche Personen, die vor 30. Januar 1998 in Sicherheitsverwahrung genommen wurden, sofort freizulassen. Der EGMR hatte kritisiert, die damals geltende Regelung, nach der die Sicherheitsverwahrung höchstens zehn Jahre betrug, sei von der Bundesrepublik missachtet worden. Infolge des EGMR-Urteil sei es schon zu Entlassungen gekommen, so die CDU/CSU und FDP weiter.
Durch die vorgesehene Einführung des Gesetzes zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter würden den Länderhaushalten Kosten entstehen, deren genaue Höhe noch nicht feststeht. Die Anzahl der von diesen Maßnahmen betroffenen Menschen sei ”überschaubar“, so die beiden Regierungsfraktionen.
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