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IV. Die Weimarer Republik
5. Die Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen
Mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise werden die Hoffnungen auf eine fortschreitende und dauerhafte Stabilisierung des parlamentarischen Systems in Deutschland endgültig zerstört. Als am 24. Oktober 1929 an der New Yorker Wall Street die Aktienkurse infolge einer überhitzten Konjunktur ins Bodenlose fallen, bahnt sich angesichts der globalen Finanz- und Wirtschaftsverflechtungen auch in anderen Industrieländern eine tief greifende Wirtschaftskrise an. Deutschland wird besonders hart getroffen, da Industriebetriebe und Kommunen die ihnen gewährten kurz- und mittelfristigen Auslandskredite langfristig angelegt haben. Es kommt zu Investitionsrückgängen, Produktionsstilllegungen, Einkommenskürzungen und Massenentlassungen, die die wirtschaftliche Talfahrt beschleunigen. Vor allem der rapide Anstieg der Arbeitslosenzahlen stellt Parlament und Regierung vor kaum lösbare Probleme. Die Parteien der Großen Koalition können sich nicht über die Höhe der Beiträge einigen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber für die Arbeitslosenversicherung entrichten sollen. Nach dem Austritt der SPD aus der Großen Koalition scheinen alle Gemeinsamkeiten zwischen den Parteien aufgebraucht, so dass zunächst von keiner Fraktion der Versuch unternommen wird, eine neue Regierung zu bilden. Die nun vom Reichspräsidenten ohne Beteiligung des Parlaments eingesetzte und mit Sondervollmachten ausgestattete Regierung unter Reichskanzler Heinrich Brüning (Zentrum) versucht, die Krise mit einer strikten Deflationspolitik zu bewältigen. Staatsausgaben werden drastisch gesenkt, die Steuern erhöht, die Beamtengehälter gekürzt und Einkommenssenkungen in Gang gesetzt. Doch Brünings Wirtschafts- und Finanzpolitik verstärkt zunächst die von ihm als kurzfristig angesehene Konjunkturschwäche. Die Industrieproduktion geht bis 1932 um fast die Hälfte zurück, die Aktien verlieren fast zwei Drittel ihres Wertes und die Zahl der Arbeitslosen überschreitet Anfang 1932 die Sechs-Millionen-Grenze. Vor allem die von der Wirtschaftskrise besonders hart getroffenen Wähler trauen den republiktreuen Parteien immer weniger zu, ihre existentiellen Probleme lösen zu können und wenden sich vom Parlamentarismus ab. Das ohnehin schon schwache Fundament des parlamentarischen Systems zeigt angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Not sowie der zunehmenden politischen Radikalisierung tiefe Risse.