Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2009 > Deutsch-polnischen Versöhnungsmesse
Das Gut Kreisau in Niederschlesien vereint deutsche und polnische Geschichte: Hier versammelte sich der geheime Kreis um Helmuth James Graf von Moltke im deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus, hier lernen heute Jugendliche in einem Begegnungszentrum auch die Geschichte des Kampfes gegen den Totalitarismus in Osteuropa - und seit Freitag, 11. 11. Dezember 2009, steht im weitläufigen Hof der Anlage ein Fragment der Berliner Mauer.
Dieses bezeichnete Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) als "ein besonderes Symbol der deutsch-polnischen Geschichte mit Blick auf eine Vergangenheit, die wir hinter uns haben, und eine Zukunft, die wir gemeinsam gestalten wollen". Mit seinem polnischen Amtskollegen Sejm-Marschall Bronisław Komorowski enthüllte er das Denkmal. Dies sei "der denkbar schönste Abschluss dieses Gedenkjahres 2009", sagte Lammert. Komorowski sprach von einem "magischen Moment" - in Kreisau seien die deutsche Demokratie und die Vereinigung Europas mit entstanden.
250 Jugendliche aus Deutschland und Polen waren bei der Enthüllung dabei. Sie rief der Bundestagspräsident dazu auf, Verantwortung für die Zukunft beider Länder und Europas zu übernehmen. "Mit den freien Wahlen in Polen 1989, dem Fall der Mauer und dem Zusammenwachsen Europas hat ein neues Kapitel der europäischen Geschichte und der deutsch-polnischen Beziehungen begonnen", sagte er. "Für das, was daraus in Zukunft wird, sind Sie verantwortlich. Das müssen Sie als ihre persönliche Aufgabe begreifen!"
Erst die Freiheits- und Demokratiebewegung, die sich in den 1980er-Jahren gegen die kommunistischen Diktaturen erhoben hatte, habe die Einheit Deutschlands mit ermöglicht. Im Sommer sei am Deutschen Bundestag ein Stück der Mauer der Danziger Leninwerft aufgestellt worden, betonte Lammert außerdem: "Schon damit haben wir deutlich gemacht, dass ohne die Bürgerrechtsbewegungen in Mittel- und Osteuropa, ohne den Beitrag der Solidarność die Veränderung in Deutschland und der Fall der Mauer in Berlin nicht möglich gewesen wäre."
Am Ende des Zweiten Weltkrieges sei, sagte Lammert, "ein neues Europa" entstanden, wie es einst wohl auch der Kreisauer Kreis gewollt habe - "ein Europa, in dem die Menschen in Ost und West in Frieden und Freiheit selbstständig als mündige aufgeklärte Völker zusammenleben".
Es sei ein Europa, das unmittelbar nach dem Krieg "als Traum, als nicht realisierbare Utopie erschien, und das wir Europäer gemeinsam möglich gemacht haben". Lammert und Komorowski erinnerten an die deutsch-polnische Versöhnungsmesse am 12. November 1989 in Kreisau (Krzyżowa). Während der Messfeier nur drei Tage nach dem Fall der Mauer hatten Bundeskanzler Helmut Kohl und der erste demokratisch gewählte, nichtkommunistische polnische Regierungschef Tadeusz Mazowiecki den Friedensgruß ausgetauscht.