Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2009 > Parlamentarisches Handwerkszeug
Ist ein Volksvertreter gewählt, hat er sein politisches Talent unter Beweis gestellt. Er engagiert sich in der Gesellschaft, tritt für seinen Standpunkt ein und kann andere überzeugen. Dafür gibt es kein Patentrezept. Angekommen im Deutschen Bundestag, muss er sich aber noch sein parlamentarisches Handwerkszeug aneignen. Dabei helfen patente Verwaltungs- und Fraktionsmitarbeiter. Sie unterstützen die Abgeordneten dabei, das öffentliche Amt, in das sie gewählt wurden, auszuüben: von namentlichen Abstimmungskarten, der Büromöblierung bis zu wissenschaftlichen Analysen.
Schon vor der Wahl wird an vielen Rädchen im Großgetriebe Bundestag gedreht, damit die Arbeit des Parlaments reibungslos beginnen kann. Die erste parlamentarische Entscheidung ist die Konstituierung des Bundestages und kurz darauf die Kanzlerwahl.
Die neuen Fachausschüsse beginnen mit ihrer Detailarbeit an Gesetzentwürfen, die Oppositionsfraktionen mit der Kontrolle der Regierungsarbeit. Auch das eigene Abgeordnetenbüro will organisiert werden, Mitarbeiter müssen eingestellt werden, Telefone und Computer funktionsbereit sein.
Er ist eine Art Betriebsanleitung für den Parlamentsbetrieb: der „Wegweiser für Abgeordnete“. Das in der aktuellen Ausgabe gefasste gelbe Buch informiert auf 233 Seiten über die wichtigsten Abläufe und Regeln und alle administrativen, wissenschaftlichen und technischen Angebote der Verwaltung.
Von „Abgeordnetenausweis“ bis „Zwischenruf“ werden nahezu alle Grundlagen zur Mandatsausübung aus der Geschäftsordnung des Bundestages und die Rechte und Pflichten gemäß Abgeordnetengesetz vermittelt.
Alle gewählten Abgeordneten sollen grundsätzlich in der Lage sein, ihre Aufgaben so effektiv wie möglich zu erfüllen. Zur Amtsausstattung eines jeden Mitgliedes des Bundestages gehören Geld- und Sachleistungen, um Aufwendungen, die durch das Mandat entstehen, abzugelten – dazu gehört ein Wahlkreisbüro, der zweite Wohnsitz in Berlin und Büromaterial.
Die Abgeordneten können Dienstfahrzeuge im Berliner Stadtgebiet mitbenutzen. Außerdem haben sie eine Netzkarte der Bahn, die privat nicht genutzt werden darf.
Etwa jede zweite Woche ist Sitzungswoche in Berlin. Ein eingerichtetes Büro am Sitz des Bundestages in einer Größe von derzeit 54 Quadratmeter steht jedem Abgeordneten für sich und seine Mitarbeiter einschließlich Kommunikationsgeräten und Einrichtung zu.
Über die Schreibtische in diesen Büros läuft die ganze parlamentarische Arbeit: Gesetzentwürfe, Anträge, Fragen an die Bundesregierung, Redemanuskripte und gehaltene Reden zum Redigieren, wissenschaftliche Gutachten, Anmeldungen von Besuchergruppen aus dem Wahlkreis, Presseanfragen.
Alleine schafft das ein Abgeordneter kaum, dazu kann er Mitarbeiter - Bürokräfte, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Praktikanten - bis zu einer festgelegten Summe einstellen. Sie organisieren Büro, Termine und Papiere und leisten fachliche Unterstützung.
Eines der wichtigsten Arbeitsmaterialien im Bundestag ist Papier. Gesetzentwürfe von wenigen bis hin zu Tausenden von Seiten wie das Haushaltsgesetz, Änderungsanträge, Berichte und Beschlussempfehlungen sowie Plenarprotokolle. Die Abgeordneten arbeiten in den Ausschüssen an Details, die festgehalten werden, stellen Anträge, um Gesetzentwürfe zu ändern oder die Regierung zu bestimmtem Handeln zu bewegen.
Die Dokumente werden digital archiviert, liegen in der Regel aber auch gedruckt vor. Sie sind manifestierte politische Initiativen und Debatten. Auf dieser Grundlage stimmen die Parlamentarier schließlich auch über Gesetze ab.
Zur Grundausstattung im Westentaschenformat gehören neben dem Abgeordnetenausweis die persönlichen Stimmkarten aus Plastik. Für namentliche Abstimmungen erhält jeder Abgeordnete und jede Abgeordnete 40 blaue Karten mit dem Aufdruck „Ja“, 40 rote für „Nein“ und 20 weiße für „Enthalte mich“.
Damit die Abgeordneten aber nicht immer einen Satz Stimmkarten mit sich herumtragen müssen - namentliche Abstimmungen finden eher selten statt – verwahrt sie der Plenarassistenzdienst vor dem Plenarsaal in Schließfächern auf.
Eine Sitzungswoche in Berlin ist strukturiert wie ein Stundenplan. Fraktionssitzungen finden in der Regel dienstags statt. Die Ausschüsse kommen am Mittwoch zusammen, die meisten am Vormittag. Um 13 Uhr beginnt die Plenarsitzung im Reichstagsgebäude.
Die Tagesordnung, die manchmal mehrmals täglich aktualisiert wird, ist die Richtschnur im Parlamentsalltag. So wissen die Abgeordneten immer, wann ihr Thema im Plenum behandelt wird, wann Abstimmungen sind und welche Aktuellen Stunden stattfinden.
An Sitzungstagen besteht für die Abgeordneten Präsenzpflicht. Sie müssen sich in eine Anwesenheitsliste eintragen. Fehlt ein Mitglied des Bundestages unentschuldigt, werden 100 Euro von der Kostenpauschale einbehalten, fehlt er entschuldigt, gehen 50 Euro ab.
Das Rüstzeug, um inhaltlich für die Gesetzesarbeit und Debatten gewappnet zu sein, stellen professionelle Informationsvermittler zu Verfügung. Die Mitarbeiter der Informations- und Dokumentationsdienste, bestehend aus Bibliothek, Parlamentsarchiv, Parlamentsdokumentation und Pressedokumentation, stellen Fachliteratur und Fachinformationen in gedruckter und elektronischer Form zur Verfügung.
Sie erschließen die öffentlich zugänglichen Parlamentsmaterialien in der Datenbank "DIP", archivieren die parlamentarischen Akten, Bilder zum parlamentarischen Geschehen sowie Ton- und Vidoaufzeichnungen der Plenarsitzungen. Durch Auswertung der wichtigsten Tages- und Wochenzeitungen informieren sie ferner über das tagesaktuelle Presseecho zum politischen Geschehen.
Die Mitarbeiter der Wissenschaftlichen Dienste im Bundestag übernehmen für Abgeordnete Fachrecherchen, geben Antworten auf Spezialfragen und arbeiten komplizierte Fragestellungen aus.
Sie geben eine Reihe von Veröffentlichungen heraus, unter anderem den „Aktuellen Begriff“ sowie Analysen und Gutachten, die für die Öffentlichkeit auch auf der Internetseite Bundestages abrufbar sind.