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Lina-Johanna Exner weiß, was sie will. Schon immer. In der vierten Klasse hatte sie beschlossen: Ich gehe als Austauschschülerin in die USA. "Meine Eltern haben das damals nicht ganz ernst genommen. Aber ich wollte das unbedingt", erinnert sich die 17-jährige Schülerin.
Als sie mit 13 Jahren anfing, sich bei Schüleraustauschagenturen zu informieren und Prospekte zu sammeln, wussten auch ihre Eltern, dass sie es ernst meint. Gedauert hat es dann aber noch fast vier Jahre bis Lina in den Flieger gestiegen ist, um ein Schuljahr in den USA zu verbringen - gefördert vom Parlamentarischen Patenschaftsprogramm (PPP) des Bundestages.
Seit 1983 gibt es das PPP, damals vom US-Kongress und dem Bundestag aus Anlass des 300. Jahrestages der ersten deutschen Einwanderung ins Leben gerufen. Schülern, jungen Berufstätigen und Auszubildenden aus den USA und Deutschland ermöglicht das Programm einen Einblick in das Leben des jeweils anderen, fremden Landes.
Wobei fremd nicht immer stimmt. Lina hat sich schon immer für die USA begeistert. "Ich bin fasziniert von der anderen Mentalität", schwärmt sie, "ich habe alles aufgesogen, was ich über die Staaten in die Finger bekommen konnte."
Im Jahr 2008 hat Lina-Johanna Exner durch Zufall vom PPP-Angebot des Deutschen Bundestages erfahren. Bis dahin kannte sie diese Möglichkeit gar nicht, ein Stipendium für einen einjährigen USA-Aufenthalt zu erhalten.
"Ich habe mich dann direkt beworben", sagt Lina, die die nötigen Voraussetzungen erfüllte: Zu Beginn des Aufenthalts dürfen die Schüler nicht jünger als 15 und nicht älter als 17 Jahre alt sein; gute Schulleistungen, besonders in Englisch, sowie ein Wohnsitz in Deutschland gehören außerdem dazu.
Dann ging alles seinen Gang: Bewerbungsgespräch im Oktober 2008, dann warten bis Februar 2009. "Ich war immer optimistisch, dass es klappt", sagt Lina. Vorbereitet auf den Anruf war sie trotzdem nicht: "Hallo, hier ist Petra Pau. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich Sie für das Parlamentarische Patenschaftsprogramm ausgewählt habe", erinnert sich Lina an den Anruf ihrer Wahlkreisabgeordneten für Berlin-Mahrzahn-Hellersdorf.
Die Abgeordneten entscheiden letztlich, welcher Bewerber aus ihrem Wahlkreis das Jahresstipendium bekommt, das die Kosten für die Hin- und Rückreise und den Aufenthalt vor Ort finanziert.
Im August 2009 ging es dann nach Montana, in den nordwestlichen, an Kanada grenzenden Bundesstaat der USA. Er ist flächenmäßig so groß wie Deutschland, hat aber nicht nur für die junge Berlinerin verschwindend wenige Einwohner: "Fünf Millionen Kühe, eine Million Menschen", sagen die Einwohner Montanas über ihren Bundesstaat, in dem für Lina ihr amerikanischer Traum wahr geworden ist.
Den "School Spirit", den sie schon in Filmen und Fernsehserien immer mochte, hat sie an ihrer High School erlebt. "Die Schüler sind ihrer Schule sehr treu und engagieren sich sehr für die Schule", erzählt Lina, die als Neue gleich den Abschlussball mitorganisieren durfte. "Das war genauso, wie ich es mir vorgestellt habe: Kleider, Anzüge, Limousinen - alles wird gemietet, an nichts gespart."
Aber Lina erinnert sich nicht nur gerne an das Drumherum. Auch die Vielfalt der Fächer an ihrer High School hat sie fasziniert. Wie das Fach "Genozid". "Wir haben da zum Beispiel über den Holocaust und den Völkermord an den Armeniern gesprochen", sagt Lina. "Für mich als Deutsche war das sehr besonders."
Irritiert war sie dagegen, einige gängige Vorurteile bestätigt zu finden: "Manche Mitschüler haben mich gefragt, ob wir in Deutschland Autos und Elektrizität haben", erzählt die 17-Jährige, die nicht verstehen kann, dass junge Menschen ihres Alters sich nicht dafür interessieren, was außerhalb der Landesgrenzen passiert.
Anderen Stipendiaten empfiehlt sie, auf solche Vorurteile nicht patzig zu reagieren. "Mein Spruch war immer: Ja genau, und im Winter schlafen wir zwischen unseren Kühen, damit wir nicht so frieren." (tep)