Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2010 > Haushaltsbegleitgesetz 2011
Das erwartete Wirtschaftswachstum stimmt optimistisch - gespart werden soll trotzdem. Das am Donnerstag, 28. Oktober 2010, auf Antrag der SPD zur namentlichen Abstimmung stehende Haushaltsbegleitgesetz 2011 (17/3030) sieht Maßnahmen vor, mit denen bis Ende 2014 nach Aussagen der Bundesregierung ein Einsparvolumen von 20 Milliarden Euro erreicht werden soll. Neben der Einführung einer "maßvollen" Luftverkehrssteuer sollen auch Ausnahmen bei der Stromsteuer und im Energiesteuergesetz für das produzierende Gewerbe verringert werden. Zugleich sind Kürzungen beim Wohn- und Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger geplant. Für die Debatte ab 13.30 Uhr ist eine Stunde angesetzt.
Der Haushaltsausschuss nahm am 27. Oktober noch zahlreiche Änderungen am Entwurf vor (17/3406, 17/3452): So wurde die Steuervergünstigung für energieintensive Unternehmen nicht wie geplant abgesenkt. Diese Unternehmen sollen damit weiterhin Steuervergünstigungen aus der ökologischen Steuerreform erhalten - wenn auch nicht so hoch wie bisher.
Die Steuermindereinnahmen im Vergleich zum Regierungsentwurf werden auf rund 550 Millionen Euro geschätzt. Davon sollen 200 Millionen durch die geplante Erhöhung der Tabaksteuer wieder hereingeholt werden.
Bei der Luftverkehrssteuer werden Flüge zu den deutschen, niederländischen und dänischen Nordseeinseln, die nicht mit dem Auto oder mit der Bahn erreicht werden können, von der Ticketsteuer befreit. Der Start- oder Zielflughafen auf dem Festland darf allerdings nicht weiter als 100 Kilometer Luftlinie von der Küste entfernt sein.
Schließlich sollen Steuerpflichtige, die als Alleinerziehende mehr als 250.000 Euro oder als Verheiratete 500.000 Euro im Jahr versteuern, ab dem 1. Januar 2011 kein Elterngeld mehr bekommen. Laut Regierung sollen dadurch jährlich rund 3,8 Millionen Euro eingespart werden. Daneben beschloss der Ausschuss unter anderem Änderungen bei der Stromsteuer und im Insolvenzrecht.
Die Bundesregierung erwartet durch die im Haushaltsbegleitgesetz geplanten Maßnahmen für den Bund im kommenden Jahr eine Entlastung von 3,5 Milliarden Euro. Im Jahr 2012 soll diese 5,38 Milliarden Euro betragen und 2013 insgesamt 5,68 Milliarden Euro.
2014 schließlich soll der Bund um 4,81 Milliarden Euro entlastet werden. Die Einsparungen sind laut Bundesregierung nötig, um die ab 2011 geltende Schuldenbremse einzuhalten.
Erwartungsgemäß unterschiedlich bewerteten die Fraktionen die Regierungsvorlage während der ersten Lesung am 30. September.
Das vom parlamentarischen Staatssekretär im Bundesfinanzministeriums, Steffen Kampeter (CDU) als "Bestandteil eines fundamentalen Wechsels in der Haushalts- und Finanzpolitik" bezeichnete Sparpaket sei lediglich der Versuch der Koalitionsfraktionen, "Freiheit von Verantwortung" zu gewinnen, kritisierte der SPD-Abgeordnete Carsten Schneider.
Angesichts von geplanten Schulden in Höhe von 60 Milliarden Euro im kommenden Jahr könne er keine Wende in der Haushaltspolitik erkennen, sagte der Abgeordnete der Linksfraktion, Dietmar Bartsch.
Alexander Bonde (Bündnis 90/Die Grünen) warf dem Regierungslager "Klientelpolitik" vor und vermisste die versprochene "offensive ökologische Neuausrichtung der Besteuerung". Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke verteidigte hingegen das Vorhaben der Bundesregierung und verwies auf die immense Verschuldung, die in den vergangenen Jahren angehäuft worden sei und die es abzubauen gelte.
Bei einer öffentlichen Expertenanhörung des Haushaltsausschusses wurden die geplanten Konsolidierungsmaßnahmen zwar mehrheitlich begrüßt. Zugleich wurde jedoch auf Risiken für die Konjunktur und Umgehungsmöglichkeiten hingewiesen.
Nach Ansicht der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist der Entwurf die "richtige Entscheidung, um der Schuldenbremse Genüge zu tun". Die Konsolidierungspolitik, so die BDA, führe nicht in eine Schieflage, da sowohl an der Einnahmen- als auch an der Ausgabenseite angesetzt werde.
Die Deutsche Bundesbank nannte den Umfang der Maßnahmen "ausreichend", um die Schuldenbremse einhalten zu können. Deutschland sei damit Vorbild für die internationale Diskussion.
Zufrieden mit den Sparbemühungen zeigte sich auch Rolf Kroker vom Institut der deutschen Wirtschaft und verwies darauf, dass beispielsweise bei Investitionen in die Bildung nicht gespart werde. Möglichkeiten zur Einnahmeverbesserung sah er bei den Subventionen. So könne der reduzierte Mehrwertsteuersatz für die Hotellerie zurückgenommen werden.
Kritik an den Sparplänen der Bundesregierung gab es vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Aus Sicht des DGB stehen die Ausgabenkürzungen und Einnahmeverbesserungen in keinem vernünftigen Verhältnis zueinander.
Benötigt würden Verbesserungen auf der Einnahmeseite. So müssten die Privilegien für Gutverdiener durch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes beendet werden. Zudem sollte die Vermögensteuer wieder eingeführt und die Erbschaftsteuer erhöht werden.
Negative Einflüsse auf das Wirtschaftswachstum in Deutschland erwartet Achim Truger vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung. Die restriktiven Impulse für das Wirtschaftswachstum durch das Sparpaket würden etwa 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. Von der derzeit sichtbaren konjunkturellen Aufwärtsbewegung dürfe man sich nicht täuschen lassen, warnte Truger während der Anhörung.
Die SPD hat zur Plenarsitzung einen Änderungsantrag (17/3548) und einen Entschließungsantrag (17/3454), die Grünen haben ebenfalls einen Enschließungsantrag zum Gesetz vorgelegt (17/3440).(hau)