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Im Rahmen der Debatte zum Etat des Bundesfinanzministeriums und des Bundesrechnungshofes am Dienstag, 23. November 2010, kam es zum erwarteten Schlagabtausch zwischen Koalition und Opposition über die Haushalts- und Finanzpolitik. Während durch die Opposition der Vorwurf erhoben wurde, der Haushalt habe eine soziale Schieflage, verteidigte die Koalition den Etat als ersten erfolgreichen Schritt zur Einhaltung der Schuldenbremse. Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte zudem an, trotz der schon erzielten Erfolge mit der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte fortzufahren.
Mit dem vorliegenden Haushalt sei zum ersten Mal tatsächlich die Handschrift von Schwarz-Gelb zu erkennen, sagte der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider. Diese Handschrift gehe in der Haushaltspolitik völlig fehl, da die Vorgaben der Schuldenbremse nicht eingehalten würden, sondern diese manipuliert würde, urteilte Schneider. Bei den Kürzungen gehe die Koalition "radikal in den sozialen Bereich“ und ziehe die Verursacher der Haushaltslöcher und der Wirtschafts- und Finanzkrise nicht zur Verantwortung.
"Sie zementieren die soziale Spaltung in Deutschland“, sagte Schneider. Konsolidierung bedeute nicht, bei den sozial Ärmsten zu sparen. Seine Fraktion habe andere Vorschläge vorgelegt, um die Einnahmeseite des Haushalts zu verbessern. Dazu gehörten die Rücknahme der "Steuergeschenke für Hoteliers“, mehr Steuergerechtigkeit, ein höherer Spitzensteuersatz ab einem Einkommen von 100.000 Euro und die Einführung eines Mindestlohns.
Aus Sicht des Unionsabgeordneten Norbert Barthle wurde mit dem Haushalt 2011 "ein neues Kapitel in der Finanzpolitik dieses Landes aufgeschlagen“. Schließlich habe es Kürzungen bei den Ausgaben schon lange nicht mehr gegeben. "Wir leisten mit dem Haushalt 2011 den ersten und dabei sehr erfolgreichen Schritt zur Einhaltung der neuen Schuldenregel“, sagte der Haushaltsexperte der Union.
Die Bundesregierung habe ein Sparpaket mit einem Einsparvolumen von 80 Milliarden Euro bis zum Jahr 2014 vorgelegt. Der Koalition sei es in den Haushaltsberatungen sogar gelungen, die Ausgaben gegenüber dem Regierungsentwurf um 1,6 Milliarden Euro abzusenken, was eine große politische Leistung sei.
Barthle verwies darauf, dass die Nettokreditaufnahme von 48,4 Milliarden Euro um 4,7 Milliarden Euro unter der von der Schuldenbremse gesetzten Grenze liege. Der CDU-Politiker trat zugleich dem Vorwurf entgegen, der Haushalt sei unsozial. Das Gegenteil sei der Fall. "Wir machen das sozial sehr ausgewogen“, sagte Barthle. Innerhalb der parlamentarischen Beratungen habe man auch noch einige dahingehende Korrekturen vorgenommen.
51,7 Prozent der Haushaltsausgaben würden für den Sozialbereich ausgeben, sagte der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke. Angesichts dessen sei der Vorwurf des "Unsozialen“ falsch, befand er. Der Opposition warf er gleichzeitig vor, ein "verzerrtes Bild“ darzustellen. "Wenn man Ihnen so zuhört, hat man das Gefühl: Es gibt keinen Aufschwung, und die Arbeitslosigkeit ist nicht auf einem Rekord-Niedrigniveau.“
Tatsächlich sei es jedoch so, dass die Koalition aus Union und FDP damit beschäftigt sei, eine Verschuldung abzubauen, die von SPD-Finanzministern in elf Jahren Regierungszeit aufgehäuft worden sei. Der ehemalige Finanzminister Steinbrück sei noch von einer Neuverschuldung in Höhe von 75 Milliarden Euro ausgegangen. "Wir sind 30 Milliarden darunter geblieben. Eine Leistung, die Sie nicht wahrhaben wollen, weil sie Ihnen weh tut“, sagte Fricke an die SPD gewandt.
Der Haushalt stelle weder ein neues Kapitel noch einen Wendepunkt in der Haushaltspolitik dar, sagte der Haushaltsexperte der Linksfraktion, Dietmar Bartsch. "48,4 Milliarden Euro neue Schulden sind kein Grund zu feiern“, befand er. Mit ihrer Haushaltspolitik verspiele die Koalition vielmehr die Zukunftschancen des Landes. Es handle sich nicht um ein Sparpaket, sondern vielmehr um "Kürzungsarien in den falschen Bereichen“, sagte Bartsch.
Die Koalition verzichte bewusst auf Einnahmeerhöhungen im Interesse der Atom-, Pharma- und Bankenlobby, kritisierte er. Dabei sei eine andere Politik "nötig und auch möglich“. Dazu gehöre die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns und einer Millionärsteuer ebenso wie die Erhöhung des Spitzensteuersatzes.
Mit dem Haushalt werde keine soziale Gerechtigkeit geschaffen und auch nicht konsolidiert, kritisierte der Abgeordnete der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Alexander Bonde. Das sei auch nicht verwunderlich, da "mächtige Lobbyvertretungen während der Haushaltsberatungen von morgens früh bis abends spät im Kanzleramt gesessen haben“. Der soziale Friede komme unter die Räder, weil das "wichtige Projekt Schuldenbremse“ einseitig angegangen werde, sagte der Haushaltsexperte der Grünen.
"Sie bemühen sich nicht, die Breite der Gesellschaft mitzunehmen“, lautete sein Vorwurf. Unter die Räder komme auch die Ökologie, sagte der Grünen-Politiker. In Sonntagsreden werde das Thema zwar erkannt, doch sei insbesondere die FDP immer dagegen, wenn es um Klimaschutz gehe.
Hauptursache der noch immer spürbaren Krise seien die defizitären öffentlichen Haushalte gewesen, sagte Finanzminister Schäuble. Mit "solider Finanzpolitik“ sei die Bundesregierung auf dem Weg, "Defizite zu reduzieren und zugleich die Grundlagen für nachhaltiges Wachstum, für Beschäftigung und soziale Sicherheit in unserem Lande sicherzustellen“. Die Neuverschuldung unter 50 Milliarden Euro gedrückt zu haben, nannte Schäuble eine große Leistung. Nun zu glauben "Wir schwimmen im Geld“, sei aber falsch.
"Wir ertrinken allenfalls in Schulden und versuchen, uns dagegen zu wehren“, so der Finanzminister. Angesichts der durchaus vorzeigbaren Erfolge auf dem Weg der Konsolidierung dürfe nun nicht der Fehler gemacht werden, "konjunkturelle Spielräume strukturell zu verschenken“. Stattdessen müsse der eingeschlagene Weg der Konsolidierung konsequent weitergegangen werden, forderte der Minister.
Bei der Abstimmung im Anschluss an die Debatte wurden der Einzelpläne 08 (Finanzen) in geänderter (17/3508, 17/3523, 17/3524, 17/3525) und der Einzelplan 20 (Bundesrechnungshof) in unveränderter Fassung (17/3523, 17/3524, 17/3525) Fassung angenommen. Ein Änderungsantrag der Linksfraktion zum Etat des Bundesfinanzministeriums (17/3818) fand hingegen keine Mehrheit. (hau)