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Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (17/4804) vorgelegt, um Missbrauch in der Leiharbeit zu verhindern. Wer Zeitarbeit zur Lohndrückerei missbrauche, diskreditiere ein gutes arbeitsmarkt- politisches Instrument, sagte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeits- ministerium, Dr. Ralf Brauksiepe, in der rund einstündigen Debatte am Donnerstag, 24. Februar 2011. Mit dem Gesetz soll es für Unternehmen künftig nicht mehr möglich sein, Arbeitnehmer zu entlassen und diese dann als Leiharbeiter zu schlechteren Arbeitsbedingungen wieder einzustellen. Dafür hat die Bundesregierung eine Änderung im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vorgeschlagen, über die in Erster Lesung beraten wurde.
Die SPD verlangt in einem eigenen Antrag (17/4189) die Durchsetzung gleicher Arbeitsbedingungen und eine gleiche Bezahlung für Stammbelegschaft und Leiharbeiter. Auch dafür sollen Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vorgenommen werden. Besonderen Handlungsbedarf sieht die SPD-Fraktion in Bezug auf die volle Umsetzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit, die am 1. Mai 2011 in Kraft tritt.
Auch die Fraktion Die Linke sieht dringenden Handlungsbedarf und legte einen Antrag (17/3752) „Zur strikten Regulierung der Arbeitnehmerüberlassung“ vor. "Leiharbeit ist wieder auf die Funktion zurückzuführen, personelle Engpässe und Auftragsspitzen abzufedern”, heißt es darin. Es müsse verhindert werden, dass Leiharbeitskräfte schlechter entlohnt werden dürfen als vergleichbare Stammbeschäftigte. Das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ müsse deshalb ab dem ersten Einsatztag gelten, verlangt die Fraktion Die Linke.
Brauksiepe verwies darauf, dass Zeit- und Leiharbeit besonders Geringqualifizierten und Langzeitarbeitslosen die Chance auf einen Einstieg in den Arbeitsmarkt gebe. Er sagte, ein Drittel aller Zeitarbeiter habe kein abgeschlossenes Studium. “Die Zeitarbeit bietet Chancen. Die wollen wir nutzen”, unterstrich der CDU-Politiker.
Ende Juni 2010 habe der Anteil der Zeitarbeiter im Vergleich zu allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2,6 Prozent betragen. Das zeige, dass Leiharbeit nicht die überragende Rolle bei Schaffung von neuen Arbeitsplätzen spiele. Dennoch dürfe Zeitarbeit nicht als Job-Motor abgewürgt werden. Brauksiepe betonte, dass die Bundesregierung tariflich vereinbarte Lohnuntergrenzen in der Zeitarbeit wolle.
“Wir dürfen nicht zulassen, dass Zeitarbeit das größte Scheunentor für Lohndrückerei ist”, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil. Die Regierungskoalition sei an dem Grundsatz “gleicher Lohn für gleiche Arbeit” vorbeigegangen. “Wir werden nicht ruhen, bis equal pay auch für die Leih- und Zeitarbeit durchgesetzt ist”, sagte Heil.
In ihrem Antrag verlangen die SPD-Abgeordneten Änderungen an der Dauer der Entleihung, die nur "vorübergehend“ sein darf. Wenn ein Leiharbeiter länger als ein Jahr in einem Unternehmen beschäftigt sei, dann bestehe Bedarf an einer dauerhaften Beschäftigung, schreibt die SPD-Fraktion.
Außerdem müssten Leiharbeitskräfte auch in Zeiten ohne Arbeitseinsatz weiter in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und entlohnt werden. Betriebsräte in den Entleihbetrieben bräuchten zudem wirksame Mitbestimmungsrechte für die in ihrem Betrieb eingesetzten Leiharbeitskräfte.
“Leiharbeit ist und bleibt unsicher und unfair”, sagte die arbeitnehmerpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis90/Die Grünen, Beate Müller-Gemmeke. Auch im Dienstleistungsgewerbe, im Gesundheits- und Sozialwesen werde sie zur Normalität. Schon lange gehe es nicht mehr um Flexibilisierung, sondern um den Wettbewerb um die niedrigsten Löhne. “Das wird mit dem Gesetz nicht gestoppt”, sagte Müller-Gemmeke.
Die Arbeitsmarktexpertin der Fraktion Die Linke, Jutta Krellmann, nannte einen branchenspezifischen Mindestlohn ein untaugliches Feigenblatt, um Sozialdumping weiter zuzulassen. Sie verwies auf Tariflöhne von 7,60 Euro im Westen und 6,55 Euro im Osten. "Diese moderne Lohnsklaverei muss endlich aufhören“, sagte Krellmann. Zudem steige die Zahl der Aufstocker jährlich. Sie unterstrich die Forderung ihrer Fraktion nach gleichem Lohn für gleiche Beschäftigung. Zudem sollten die Leiharbeiter noch eine Flexibilitätsprämie erhalten.
Dr. Heinrich Kolb (FDP) sagte: "Wir wollen, dass Zeitarbeit möglich ist, weil sie eine hohe Integrationsleistung enthält.” Vielen Langzeitarbeitslosen werde es so ermöglicht, auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Kolb verwies darauf, dass es bereits heute für 98 Prozent aller Leiharbeiter einen Mindestlohn gebe.
Die Forderung der SPD nach gleicher Bezahlung von Zeitarbeitern und Stammbelegschaft ab dem ersten Tag wies er allerdings zurück. Das wäre das Ende von Zeitarbeit in Deutschland, sagte Kolb.
Der CSU-Arbeitsmarktexperte Ulrich Lange sagte, wenn Tarifvertragsparteien zu keinem Mindestlohn kommen, "dann werden wir eine gesetzliche Regelung finden”. Es gehe hier nicht um eine Schonfrist für die Branchen, sondern um eine Handlungsfrist für die Tarifvertragsparteien. "Die Idee der seriösen Zeitarbeit ist weiterhin richtig”, sagte Lange. (sn)