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In Deutschland infizieren sich zu viele Menschen mit Krankenhauskeimen: In dieser Einschätzung sind sich die Abgeordneten des Deutschen Bundestags einig. Doch während Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (17/5178) für den richtigen Weg für mehr Krankenhaushygiene hält, gehen der Opposition die Vorschläge nicht weit genug. Das wurde in der Debatte am Donnerstag, 24. März 2011, deutlich.
Rösler führte aus, jährlich zögen sich bis zu 600.000 Menschen in Deutschland Krankenhausinfektionen zu, bis zu 15.000 würden daran sterben. Die Betroffenen hätten keine Lobby - bis auf die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, aus deren Reihen die Initiative für eine Verbesserung der Krankenhaushygiene gekommen sei.
Rösler will die Zahl der Krankenhausinfektionen zum einen durch den richtigen Einsatz antibiotischer Medikamente verringern. Zum anderen soll dafür gesorgt werden, dass die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert-Koch-Institut künftig eine "höhere Verbindlichkeit“ erhielten und durch das Gesetz sichergestellt werde, dass diese Vorgaben "im klinischen Alltag gelebt“ würden.
Rösler will bundesweit einheitliche Standards für die Krankenhaushygiene, da Infektionen sich "nicht um Ländergrenzen“ kümmerten.
Für die Union betonte der Abgeordnete Lothar Riebsamen, der für die Fraktion im Gesundheitsausschuss für das Krankenhauswesen zuständig ist, dass Krankenhausinfektionen mehr Opfer kosteten als Verkehrsunfälle. Deutschland stehe im internationalen Vergleich zwar "nicht schlecht“ da, es müsse sich aber an Staaten orientieren, "die es besser machen“.
Man wolle zum Ersten die Hygienequalität in den Einrichtungen verbessern und zum Zweiten den Einsatz von Antibiotika sachgerechter gestalten. Zum Dritten sei mehr sektorübergreifende Prävention erforderlich; dafür brauche man "die Bundesländer im Boot“.
Doch alle Pläne nützten nichts, wenn sie in der Praxis nicht umgesetzt würden - deshalb sollen künftig Führungskräfte in den medizinischen Einrichtungen "in Haftung genommen werden“, wenn die Hygienevorgaben nicht eingehalten würden.
Der FDP-Gesundheitspolitiker Lars Lindemann betonte, dass man das Zurückbleiben hinter "eigentlich selbstverständlichen Hygienestandards“ eingestehen müsse, sei schmerzhaft und für die Patienten eine "nicht annehmbare Botschaft“. Es gehe jedoch nicht darum, das Versagen Einzelner zu sanktionieren, vielmehr müsse einer "systemischen Unzulänglichkeit“ entgegengewirkt werden.
Für die Oppositionsfraktionen bleibt die Regierung mit ihrem Gesetzentwurf hinter ihren Möglichkeiten zurück. Sie verstehe nicht, so die SPD-Gesundheitsexpertin Bärbel Bas, warum im Entwurf auf die Aufnahme eines obligatorischen Screenings für Risikopatienten verzichtet worden sei.
Das Vorhaben, ambulante Ärzte mit der Sanierung von Patienten zu betrauen, ergebe medizinisch und hygienisch "keinen Sinn“. Auch bei der Frage, wie man mehr Fachpersonal gewinnen könne, bleibe der Entwurf "vage“.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen attestierte Maria Klein-Schmeink der Koalition, in den vergangenen beiden Jahren einen "breiten Erkenntnisprozess“ durchlaufen zu haben. Es habe jedoch zu lange gedauert, bis Schwarz-Gelb sich davon verabschiedet habe, auf freiwillige Maßnahmen zu vertrauen.
Auch ihre Fraktion fordere eine gesetzliche Regelung des Screenings bei der Patientenaufnahme. Die Einrichtung einer neuen Kommission am Robert-Koch-Institut, die Empfehlungen zum Antibiotika-Einsatz erarbeiten solle, dauere zu lange. Zudem müsse, so Klein-Schmeink, ein besonderes Augenmerk auf die Entstehung multiresistenter Keime aufgrund von Antibiotikagaben in der Tierzucht gelegt werden. Hier bestehe "massiver Nachbesserungsbedarf“.
Die Bündnisgrünen haben einen eigenen Antrag zur Prävention von Krankenhausinfektionen (17/5203) vorgelegt, mit dem unter anderem das Screening von Risikopatienten im Infektionsschutzgesetz festgeschrieben werden soll.
Deutlich kritischer äußerte sich der Obmann der Linksfraktion im Gesundheitsausschuss, Harald Weinberg: Der Gesetzentwurf komme "zu spät“. Die Linke habe bereits 2009 einen Antrag für eine verbesserte Krankenhaushygiene vorgelegt.
Die Regierung sei zwar im Fall der Schweinegrippe in "großen Aktionismus“ verfallen, habe beim Thema Krankenhausinfektionen aber "weggesehen“. Weinberg forderte eine Meldepflicht für die Infektionen und ein verbindliches Screening.
Zudem müsse es an allen Krankenhäusern Fachärzte für Hygiene geben. Ein entsprechender Antrag seiner Fraktion (17/4489) wurde vom Bundestag gemeinsam mit dem Gesetzentwurf der Regierung und dem Antrag der Bündnisgrünen zur weiteren Beratung an den Gesundheitsausschuss überwiesen. (suk)