Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2011 > Mehr gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen
Die Bundesregierung soll endlich Initiativen ergreifen, um mehr Teilhabemöglichkeiten für ältere Menschen zu schaffen und deren Potenziale besser zu nutzen. Das forderte die SPD-Fraktion am Donnerstag, 14. April 2011, in einer Debatte zu ihrem Antrag "Potenziale des Alters und des Alterns stärken - die Teilhabe der älteren Generation durch bürgerschaftliches Engagement und Bildung fördern“ (17/2145). Die Berichterstatterin der SPD-Fraktion für Seniorenpolitik, Petra Crone, sagte, es sei ein "schönes Geschenk“, dass sich die Lebenszeit der meisten Menschen verlängert habe. Es sei daher aber nötiger denn je, tatsächlich Angebote für lebenslanges Lernen zu machen.
Sie frage sich, wann die Regierung die Anregungen des sechsten Altenberichts aufnehmen und in konkrete Programmatik umwandeln werde. Der ehemalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering betonte, es habe sich viel in der Wahrnehmung des Alters und der Älteren geändert. Man müsse das "Senioritätsprinzip“ infrage stellen und anerkennen, dass das Alter allein nichts darüber sage, was jemand könne oder nicht könne.
Es gebe zudem in der Demokratie keinen Schaukelstuhl: Wer älter werde und dessen Kopf in Ordnung sei, der habe die Verpflichtung, sich einzubringen. Man müsse jetzt daran gehen, alle Konsequenzen der demografischen Entwicklung anzugehen und sich dessen bewusst sein, dass "wir alle Generationen brauchen“.
Der CDU-Familienpolitiker Markus Grübel sagte, inzwischen liege der sechste Altenbericht und eine Stellungnahme der Bundesregierung vor; man werde sich damit "noch vor der Sommerpause“ konkret beschäftigen.
Der fünfte Bericht habe in vielfältiger Weise Eingang in die Arbeit der Bundesregierung gefunden. So werde der Schwerpunkt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes im Jahr 2011 die Altersdiskriminierung sein.
Grübels Fraktionskollege Erwin Rüddel sagte, die Gesellschaft benötige das Wissen und die Erfahrungen der Älteren. Damit die älter werdende Gesellschaft zu einer Chance für jeden Einzelnen und das gesamte Land werde, habe die Regierung Initiativen wie die sehr erfolgreichen Mehrgenerationenhäuser und Freiwilligendienste sowie die Initiative "Wirtschaftsfaktor Alter“ ins Leben gerufen.
Der Antrag der SPD erstaune, weil damit "seitenweise offene Türen“ eingerannt würden und fordere Dinge, die längst Realität seien. Man müsse den Anschein der "Zwangsbeglückung älterer Menschen“ vermeiden, da man es mit mündigen Menschen zu tun habe, denen der Staat nicht sagen müsse, was sie zu tun hätten.
Auch die Sprecherin der FDP-Fraktion für Frauen, Nicole Bracht-Bendt, betonte, Seniorenpolitik sei längst kein Randthema mehr. Während die Tatsache, dass im Jahr 2050 jeder dritte Deutsche älter als 60 Jahre sein werde, lange als Belastung für die Sozialsysteme empfunden worden sei, habe sich dies glücklicherweise geändert.
Die FDP sei zwar ebenso wie die SPD für das Ende starrer Altersgrenzen, sei aber anders als die Sozialdemokraten nicht bereit, "Wohlfühlprogramme“ aufzulegen, die niemand finanzieren könne. Man dürfe den Kindern und Enkeln keine Schuldenberge hinterlassen.
Heftige Kritik am SPD-Antrag übte auch die seniorenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heidrun Dittrich. Der Antrag fordere im ersten Punkt einen Freiwilligendienst aller Generationen, den aber "kein Mensch braucht“. Viel wichtiger für die gesellschaftliche Teilhabe seien "armutsfeste Renten“. Die SPD aber lasse die besondere Benachteiligung von Frauen, Migranten und Menschen mit Behinderungen außer Acht, die nicht in der Lage seien, Rentenansprüche zu erwerben, die ihre Existenz sichern.
Es sei wichtiger, Jugendlichen Ausbildungsplätze zu schaffen und das Renteneintrittsalter wieder zu senken. Die meisten Menschen würden nicht bis zum Alter von 67 Jahren arbeiten wollen oder sich bis 70 Jahre engagieren. Sie würden, so Dittrich, die Rente als "erholsamen Lebensabschnitt“ wünschen und dürften nicht zu gesellschaftlichem Engagement verpflichtet werden.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen konstatierte deren pflegepolitische Sprecherin Elisabeth Scharfenberg, das Altersbild der Politik müsse "facettenreich“ sein, weil es die Alten per se nicht gebe. Die SPD habe den Handlungsbedarf in der Diskussion um den demografischen Wandel richtig erkannt.
Man müsse aber auch diejenigen im Blick behalten, die nicht für sich selber sorgen könnten. Von strategischem Handeln auf der Bundesebene sei "nichts zu erkennen“, der neue Freiwilligendienst sei lediglich ein "Trostpflaster“. (suk)