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Der mehrjährige Finanzrahmen der EU war am Mittwoch, 11. Mai 2011, Gegenstand eines Gesprächs im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union mit Prof. Dr. Henrik Enderlein von der Hertie School of Governance in Berlin sowie mit Dr. Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim. Dabei gingen die Meinungen der Experten bei Fragen zur Einnahmenseite des EU-Haushalts auseinander.
Professor Enderlein betonte, die Bruttonationaleinkommen(BNE) seien inzwischen die Hauptfinanzierungsquelle des EU-Haushalts und damit Gegenstand berechtigter Kritik, insbesondere von Seiten des Europäischen Parlaments. "Die BNE-Eigenmittel“, begründete Enderlein, "sind aus ökonomischer Perspektive als intergouvernementale Transfers anzusehen und nicht als Einnahmequelle, die tatsächlich der EU-Ebene gehört.“
Vor diesem Hintergrund sprach sich Enderlein im öffentlichen Teil der Sitzung unter Vorsitz von Gunther Krichbaum (CDU/CSU) dafür aus, für Europa eine finanzielle Autonomie zu schaffen. "Denn man muss die Frage stellen, welches politische Konstrukt man für die EU will“, so Enderlein. "Ist sie lediglich der verlängerte Arm der Mitgliedstaaten, die ähnlich wie im Golfclub ihre Beiträge zahlen und auch bestimmen, wofür diese verwendet werden, oder soll die EU eigene Kompetenzen erhalten und nicht zum Sekretariat ihrer Mitglieder verkommen?“
Zur Förderung der finanziellen Autonomie auf EU-Ebene hält Enderlein auch die Einführung einer EU-Steuer für denkbar. "Dabei kommt es allerdings darauf an, Einnahmequellen zu erschließen, die eng mit europäischen Zielsetzungen verknüpft sind“, betonte er.
Demgegenüber zeigte sich Friedrich Heinemann im Hinblick auf Überlegungen zur Einführung einer EU-Steuer deutlich skeptischer. "Es ist ein Denkfehler zu glauben, sobald endlich einmal eine EU-Steuer eingeführt ist, hat das Geschacher um den Haushalt ein Ende“, sagte er.
Auch bei Einführung einer EU-weiten Abgabe würden die Mitgliedstaaten bei Haushaltsverhandlungen weiterhin ihren Besitzstand verteidigen, und auch das "Rückflussdenken“ würde weitergehen, so Heinemann. Außerdem warnte er vor den aus seiner Sicht drohenden Verteilungswirkungen. "Hierdurch würden Steuern die ärmeren Mitglieder mehr belasten als die reicheren“, warnte er.
Werde beispielsweise eine EU-weite Kohlendioxidsteuer eingeführt, bedeutete dies etwa für den Anteil Polens einen Anstieg um hundert Prozent im Vergleich zur BNE-basierten Transferleistung. Steuern wie zum Beispiel eine Transaktionssteuer seien andererseits politisch sehr schwer durchzusetzen.
Für die Erschließung von Einnahmequellen schlug Heinemann stattdessen eine stärkere Kofinanzierung "für Politikfelder mit einem Mehrwert“ vor. Zudem empfahl er, in der Kohäsionspolitik dafür Sorge zu tragen, dass eine "Konvergenzdividende" erzielt wird, dass sich also die jahrelangen Bemühungen um eine Angleichung der wirtschaftlichen Entwicklung in den schwächeren Mitgliedstaaten auszahlen. (jmb)