Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2011 > Steuerabkommen
In hitziger Atmosphäre haben die Abgeordneten am Donnerstag 29. September 2011, im Bundestag über das vor Kurzem unterzeichnete Steuerabkommen mit der Schweiz debattiert, das 2013 in Kraft treten soll. Es sieht vor, unversteuerte Guthaben von Deutschen bei Schweizer Banken rückwirkend pauschal mit 19 bis 34 Prozent zu besteuern. Auf künftige Kapitalerträge soll - wie in Deutschland - eine Abgeltungsteuer von rund 26 Prozent fällig werden, die von den Schweizer Banken einbehalten und an den deutschen Fiskus abgeführt wird. Die SPD-Fraktion hatte zu dem umstrittenen Thema eine Aktuelle Stunde beantragt. Mehrere Redner der Opposition kündigten eine Ablehnung des Abkommens durch ihre Ländermehrheit im Bundesrat an.
Joachim Poß (SPD) kritisierte als erster Redner der Debatte den ausgehandelten Kompromiss mit der Schweiz scharf. Er sprach von einem "fragwürdigen Vorgang". Seiner Ansicht nach blieben Steuerkriminelle straffrei und anonym. "Die großen Steuerhinterzieher kommen mit einem Billigtarifdavon", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende.
Seiner Ansicht nach wurde eine große Chance verspielt. Die Schweiz bliebe ein Zufluchtsort für Steuerhinterzieher. In Richtung des Bundesfinanzministers Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) sagte Poß: „Das Abkommen ist kein Ruhmesblatt.“
Daraufhin attackierte Schäuble seinen Vorredner und nannte dessen Redebeitrag "eine schamlos demagogische Rede". Er lobte das Abkommen als "einen Meilenstein in der Zusammenarbeit mit der Schweiz". Kapitaleinkünfte von Deutschen in der Schweiz würden künftig wie im Heimatland erfasst.
Außerdem warb er um Verständnis für die Rechtslage in dem Nachbarland. Das Bankgeheimnis sei dort rechtlich geschützt und könne nicht rückwirkend geändert werden, so der CDU-Politiker. Schäuble kritisierte "verleumderische Äußerungen" gegenüber der Schweiz. "Hören Sie mit der Polemik gegenüber der Schweiz auf", ermahnte er die Opposition.
Der Unionspolitiker Olav Gutting lobte das Abkommen ausdrücklich und sprach dem Verhandlungsteam um Wolfgang Schäuble Respekt und Glückwünsche aus.“Der deutsche Fiskus erhält erstmals Zugriff auf das Vermögen von Deutschen in der Schweiz“, sagte das Mitglied des Finanzausschusses.
Er kritisierte die Opposition, die das Ergebnis zwanghaft schlechtrede und appellierte an sie, dem Abkommen „zum Wohle des Landes“ zuzustimmen.
Auch Dr. Volker Wissing (FDP) verteidigte das Verhandlungsergebnis mit der Schweiz und nannte das Abkommen „einen wichtigen Beitrag für Steuergerechtigkeit“.
Die SPD nannte er eine "Heulsusen-Truppe" und warf ihr vor, ihre Bilanz in dieser Angelegenheit sei "null".Â
Dr. Barbara Höll von der Linksfraktion, Mitglied im Haushaltsausschuss, nannte das Abkommen "einen roten Teppich für Steuersünder".
Sie betonte, die Ablehnung in der Bevölkerung sei groß. Für sie ist der Vertrag "keine konsequente Bekämpfung der Steuerhinterzieher."Â
Dr. Thomas Gambke (Bündnis 90/Die Grünen) monierte die angebliche "totale Intransparenz" und sagte: "Die deutschen Steuerbehörden geben ihre Verantwortung an der Schweizer Grenze ab."
Er kritisierte ein "miserables Ergebnis", das seine Fraktion "im Interesse Deutschlands" ablehnen werde. (ah)