Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2011 > Engagement
Das Freiwilligensurvey muss fortgesetzt werden. Das forderte Thomas Böhme von der Niedersächsischen Staatskanzlei während der Sitzung des Unterausschusses "Bürgerschaftliches Engagement" unter Vorsitz von Markus Grübel (CDU/CSU) am Mittwoch, 9. November 2011. Mit der langfristigen Beobachtung der Entwicklungstrends im Bereich des freiwilligen Engagements sei ein Instrument etabliert worden, das für die Fortsetzung der erfolgreichen Engagementpolitik auch zukünftig benötigt werde, sagte Böhme. Daher solle der Bund auch die benötigten Haushaltsmittel für das im Jahr 2014 anstehende vierte Freiwilligensurvey bereitstellen. „Ein Bundesland oder eine einzelne Institution allein kann dies nicht leisten“, betonte er.
Auf Basis des jeweiligen Hauptberichts des Freiwilligensurveys 1999, 2004 und 2009 seien Landesauswertungen durchgeführt worden, sagte der Vertreter der Staatskanzlei Niedersachsen. Diese Auswertungen würden den spezifischen Trendverlauf wiedergeben und auf konkrete Ansatzpunkte für die zukünftige Förderpolitik verweisen.
Mittlerweile liegen laut Böhme dreizehn Länderauswertungen vom aktuellen Freiwilligensurvey 2009 vor. In den Ländern werde nun die Diskussion über die Ergebnisse und die Folgerungen für die weitere Förderpolitik mit dem Ziel geführt, eine nachhaltige Förderpolitik für das freiwillige Engagement auch künftig zu gewährleisten.
Auf seine Initiative hin, so Böhme weiter, hätten mit Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz vier Flächenländer zunächst die Ergebnisse ihrer Landesstudien miteinander verglichen. Dabei hätten sich Unterschiede gezeigt, die eine weitere vertiefende Auswertung sinnvoll erscheinen ließen.
Beispielsweise sei das Engagement im ländlichen Raum in zwei der vier Bundesländer in den vergangenen zehn Jahren angestiegen, während in den anderen Ländern die Engagementquote gesunken sei. Weitere unterschiedliche Entwicklungsverläufe hätten sich in den vier Landesstudien beim Wunsch nach mehr Qualifizierung der Engagierten und beim Engagementverhalten der Männer gezeigt.
„Eine differenzierte Analyse lohnt sich hier, um möglichst belastbare Ergebnisse für den unterschiedlichen Trendverlauf auf Länderebene zu erhalten“, sagte Böhme. Zusätzliche Ergebnisse seien zudem zu erwarten, wenn in den Vergleich weitere Landesauswertungen einbezogen würden.
Während der Sitzung präsentierten Dr. Holger Krimmer und Dr. Gero Stenke zudem Ergebnisse der ersten Phase des Projektes „Zivilgesellschaft in Zahlen“. Das Gemeinschaftsprojekt des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, der Bertelsmann Stiftung und der Fritz Thyssen Stiftung zielt darauf ab, mehr Wissen zu Größe, Struktur und Funktion der Zivilgesellschaft in Deutschland bereitzustellen.
Es gehe darum, die Datenlage zur organisierten Zivilgesellschaft in Deutschland zu verbessern, erläuterte Stenke. Für das aktuelle Projekt habe man das von den Statistischen Landesämtern auf Grundlage von Verwaltungsdaten geführte und vom Statistischen Bundesamt zusammengeführte Unternehmensregister als Datengrundlage verwendet.
Darin seien alle Organisationen erfasst, „die ökonomisch aktiv sind“, ergänzte sein Kollege Krimmer, der zugleich darauf verwies, dass es nicht möglich gewesen sei, eigene Fragebögen und Untersuchungsgruppen einzubringen.
Nach Angaben des Unternehmensregisters seien 2,9 Prozent der erfassten Organisationen dem Dritten Sektor, also der Zivilgesellschaft, zuzuordnen. In diesen Unternehmen würden 9,2 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeiten. Das bedeute, dass „jeder Zehnte in Deutschland in der Zivilgesellschaft arbeitet“, fasste Krimmer zusammen.
Bei der Bruttowertschöpfung erreicht der Dritte Sektor laut dem Register 89 Milliarden Euro, was 4,1 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung sind. Beim Blick auf die Verteilung der Wertschöpfung in der Zivilgesellschaft sei eine „starke Unwucht“ zu erkennen, sagte Krimmer weiter. Im Gesundheits- und Sozialwesen würden allein 57,5 Prozent erreicht.
In der Studie wird auch darauf verwiesen, dass mit 45,2 Prozent fast die Hälfte aller in Deutschland im Gesundheits- und Sozialwesen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Unternehmen die der Zivilgesellschaft zuzurechnen sind, arbeiten würden. Die Professionalisierung in diesem Bereich werde auch dadurch verdeutlicht, dass auf 4,81 Millionen Engagierte 1,41 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten kämen, sagte Krimmer. Im Bereich Kultur, Sport, Unterhaltung gebe es mit 9,95 Millionen deutlich mehr Engagierte – jedoch nur 35.111 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. (hau)